Saisonrückblick 2000/2001


Schon zum zweiten Mal hintereinander liegt eine ganze besondere Saison hinter uns. Während die Vorsaison an spielerischem Glanz ohnehin kaum zu toppen gewesen wäre, war die Saison 2000/2001 teilweise doch sehr niederschmetternd.

Nur zu Anfang der Saison lief noch alles ordentlich. Teilweise, wie eben in der Champions League, sogar sehr gut. Aber spätestens seit dem Hinrundenspiel in Unterhaching fing die Talfahrt des HSV so richtig an. Ihren Tiefpunkt fand sie in den letzten Spielen vor der Winterpause. Da mochte man schon kaum mehr hinsehen, so erbärmlich spielte der HSV. In der Rückrunde waren teilweise wieder Fortschriffte zu sehen, zumindest im kämpferischen. Trotzdem versagte die Mannschaft dann immer wieder gerade dann, wenn man durch einen Sieg, Anschluß nach oben gehabt hätte.

Am Ende war man dann doch glücklich, daß man wenigstens nicht bis zum allerletzten Spieltag um den Klassenerhalt zittern mußte.

Doch nun will ich nochmal so ein wenig durch die einzelnen Spiele streifen.

Ich würde die Saison ganz grob in 3 Abschnitte einteilen. Einen ordentlichen bis guten Saisonbeginn bis zum Auswärtsspiel in Turin. Darauf folgend eine brutal schlechte Phase zwischen 10. (in Haching) und 19. Spieltag (gegen Hertha) und dann endlich der Phase des Aufbäumens und Kämpfens ab 20. Spieltag.

Die Saison fing für den HSV schon vor dem 1. Spieltag an. Während man im Vorjahr noch im UI-Cup ran „mußte“, durfte man diesmal aufgrund der genialen Vorsaison an der Champions League – Qualifikation teilnehmen.

Das Schicksal meinte es recht gut mit dem HSV, sodaß man Bröndby Kopenhagen als Gegner bekam. Nicht nur, daß dies zwar keine leichte aber zumindest lösbare Aufgabe war – es ermöglichte einem auch recht problemlos, dem Auswärtsspiel in Kopenhagen beizuwohnen.

Als Stadt gefiel mir Kopenhagen überhaupt nicht, aber der HSV schaffte es in den Schlußminuten eines hin- und hergehenden Spieles durch einen 2:0-Sieg die Weiche in Richtung CL-Teilnahme zu stellen. So sollte auch Sergej Barbarez bereits in diesem 1. Spiel seinen 1. Saisontreffer für den HSV erzielen. In diesem Spiel war auch Butt überragend, was er danach leider kaum noch zeigte.

Vor dem Rückspiel in Hamburg standen dann jedoch noch die ersten beiden Bundesliga-Partien für den HSV an. Man konnte mit einem Heimspiel beginnen und lag dann auch prompt nach nicht einmal 10 Minuten durch Konter mit 0:2 hinten. Aus diesem Spiel konnte zumindest noch ein Unentschieden gemacht werden. Das folgende Auswärtsspiel in Berlin lief dann aber genauso „belämmert“ wie die Jahre zuvor. Gott sei Dank bin ich da nicht hingefahren. 0:4 wurde der HSV abgeschossen und wehrte sich schon früh nicht mehr.

Dann sollte aber endlich das Rückspiel gegen Bröndby Kopenhagen stattinden. Ein durchwachsenes Spiel endete 0:0 und wir waren alle überglücklich, nun in der Champions League dabei zu sein. Das war sportlich schon mal der größte Erfolg nach dem Gewinn des Landesmeisterwettbewerbs 1983. Ich bin im Grunde genommen ein Gegner der CL, denn mit dem „Meisterwettbewerb“ von früher hat es kaum noch was zu tun. Trotzdem ist man dann natürlich glücklich, wenn man an dieser Gelddruckmaschine partizipieren darf. Und schließlich ermöglichte uns auch die Champions League DAS sportliche Highlight der Saison, wenn nicht sogar des Jahrzehnts. Doch dazu später mehr.

Das Los hatte keine leichten Gegner für den HSV, aber trotzdem machte man sich Hoffnungen, daß der zweite Platz vielleicht zu erreichen wäre. Und vor allem durfte man gegen den legendären Gegner Juventus Turin antreten. Des weiteren sollten wir gegen den spanischen Meister Deportivo La Coruna und gegen den griechischen Vertreter Panathinaikos Athen antreten. Das ausgerechnet der auf dem Papier schwerste Gegner – Juventus Turin – am Ende die meisten Punkte für uns ermöglichen würde, war hier noch nicht abzusehen.

Weiter ging es aber erstmal mit der 1. Hauptrunde des DFB-Pokals. Der HSV konnte sich bei Erzgebirge Aue durchsetzen.

In der Bundesliga stand danach ein Heimspiel gegen Werder Bremen auf dem Programm, das man schon gerne gewinnen sollte, da nach den ersten beiden Spielen nur 1 Punkt zu Buche schlug. Es war ein interessantes Spiel in strömendem Regen, das durch ein Tor meines damaligen Lieblings Ingo „Hertzscher“ Hertzsch entschieden wurde. Er machte sein 1. Bundesligator und das war auch gleich sehr wichtig. Seine Jubelszene, wie er meterweit auf dem Bauch den pitschnassen Rasen durchpflügt, werde ich gewiß eine ganze Zeit lang nicht vergessen.

Die nächsten beiden Spiele ließen den HSV-Fan auf höchsten Wolken schweben. Man konnte glauben, daß ein Anknüpfen an die Vorsaisonleistungen doch möglich wäre. In Bochum konnte man einen vollkommen desolaten Gegner locker mit 4:0 „abfideln“. In diesem Spiel wären ungelogen 7 – 8 Tore für den HSV drin gewesen.

Und man hatte sich auch genug Mut geholt, um wenige Tage später das beste Spiel meiner persönlichen HSV-Geschichte zu bestreiten.

Juventus Turin hieß der Gegner im ausverkauften Stadion. Vor dem Spiel war ich aufgeregt wie lange nicht mehr, denn es war ja schließlich der erste CL-Auftritt der HSV-Geschichte (früher gab es ja den Landesmeistercup). Über dieses Spiel könnte ich seitenlang schreiben, aber das ist ja nicht der Sinn eines Rückblickes. Ein phänomenales HSV-Spiel endete jedenfalls nach 1:3-Rückstand und 4:3-Führung durch einen von Barbarez dusselig verschuldeteten Elfer in den Schlußminuten noch 4:4. Das Spiel habe ich mir danach noch so einige Male auf Video angesehen und ich kann dabei immer wieder eine Gänsehaut bekommen. So gigantisch war die Stimmung im Stadion. Keiner der Anwesenden wird dieses Spiel jemals vergessen. Beim 4:3-Führungstor hatte ich fast Freudentränen in den Augen. Auf Video habe ich mir das Spiel aber nur einmal über die vollen 90 Minuten angesehen. Auch im TV war ich über den Ausgleichstreffer noch so bedrückt, daß ich bei späterem Anschauen regelmäßig nach dem 4:3-Führungstor des HSV ausschaltete. So gewinnt auf meinem Video der HSV immer mit 4:3 ;-)))

Nach diesem Spiel wurde mit den Gefühlen eines HSV-Fans oft „gespielt“. Man wähnte sich ständig zwischen Himmel und Hölle. Gegen Dortmund (5.Spieltag) führte man bis zur 75. Minute noch 2:1 und verlor dann noch 2:3. Beim CL-Spiel in La Coruna bekam man in der letzten Minute Treffer zur 1:2-Niederlage und das Spiel in Wolfsburg setzte dem dann irgendwie die Krone auf. Man lag schon 0:2 hinten und konnte die 3:2 sowie 4:3-Führung erzielen, bis wir uns abermals in der Schlußminute durch das 4:4 die Butter vom Brot nehmen ließen.

Im CL-Heimspiel gegen Athen verlor man dann mit 0:1 und zeigte wohl die schlechteste CL-Leistung der Saison.  Danach konnte gegen Schalke aber endlich wenigstens mal wieder einen Bundesliga-Sieg einfahren und somit auf den 7. Platz klettern. In Stuttgart gab es dann am 8. Bundesliga-Spieltag schon wieder ein recht verrücktes Spiel, das schließlich 3:3 endete.  In Athen wurde danach erstmals auf die Mauer-Taktik umgeschwenkt, weil es aus den Medien viel „Feuer“ gab für die „Last-Minute-Penner“ und wie der HSV sonst noch betitelt wurde. Hätte man da schon gewußt, wie sich das ganze entwickelt, wäre den meisten von uns ein stetes auf und ab wahrscheinlich ganz lieb gewesen.

Gegen einen sehr schlechten Gegner aus Frankfurt konnte man dann noch einen Sieg einfahren, bevor in der Bundesliga die große Talfahrt eingeläutet werden sollte.

Ein letztes Highlight war uns aber vorher noch vergönnt – das CL-Spiel in Turin, die auch mein erstes CL-Auswärtsspiel nach der Quali war. Und hier sollte es noch einmal einen großen Erfolg für den HSV geben. Man konnte in Turin 3:1 gewinnen, da Turin sich selbst durch dumme und unsinnige Aktionen auf 9 Feldspieler dezimierte. Aber schon mit diesem Spiel war ich im Gegensatz zu vielen anderen Fans nicht zufrieden, denn wir nutzten unsere Chancen nur ganz schlecht  - um nicht noch schlimmere Worte zu benutzen....

Nun war auch „Schluß mit Lustig“ und das bemerkte man erstmals so richtig in Haching. Frühe Führung und danach Mauer-Taktik wurden durch Gegentore in 87. und 90. Minute mit einer Niederlage bestraft. Dann sollte das Ausscheiden im DFB-Pokal beim Regionalligisten Karlsruher SC die Stimmung drücken. Der Aufstellung nach wurde dieses Spiel nicht so recht ernst genommen. Trotzdem gab es klarste Chancen zur Führung, aber diese wurden allesamt vergeben und letztendlich mit dem Ausscheiden bestraft.

Ein letztes Aufflackern in der Bundesliga sollte es dann noch beim 5:0 Heimspielsieg gegen Freiburg geben, aber auch hier mußte man bemerken, daß der HSV auch das Glück hatte, daß er sofort alle guten Chancen verwandeln konnte und den Freiburgern so keine Chance ließ. Durch die bisherigen Ergebnisse und dem anderen CL-Spiel war das Heimspiel gegen La Coruna fast ein „Muster  ohne Wert“ und ging mit 1:1 aus. Das beschied dem HSV wenigstens noch den 3. Platz, sodaß man im UEFA-CUP weiterspielen konnte (was für eine schwachsinnige Regelung!!!).

In der Bundesliga durfte ich mir nun grausame Niederlagen in Köln (Danke, Ronald Maul) und Leverkusen (Danke, Herr Butt) ansehen. Natürlich mußte Butt gerade gegen seinen neuen Arbeitgeber Leverkusen erstmals eine Spiel-Einlage am Strafraum verlieren und brachte den HSV auf die Verliererstraße. Absicht war es gewiß nicht, aber eben passend zu seiner stetig schlechter werdenden Leistung im HSV-Dress, die gegen Ende der Hinrunde Ihren Tiefpunkt fand.

Im UEFA-CUP schied man gegen Rom durch 2 Niederlagen verdient aus. Die beiden UEFA-Spiele wurden durch 2 Bundesliga-Niederlagen in Rostock und Lautern unterbrochen, was einem fast unendliche Freude bescherte. Besonders in Rostock schienen einige Spieler beweisen zu wollen, daß die Strapazen der internationalen Spiele unmenschlich sind und man dann einfach auch nicht mehr laufen kann :-(

Nach einem kämpferisch erwügten Heimspielsieg gegen Energie Cottbus und damit zwischenzeitlich trotzdem noch 9. Platz (aber mit nur 4. Punkten Vorsprung auf den 16.) sollten dann die m.E. miesesten Bundesliga-Spiele des Jahres kommen. Was bin ich glücklich, daß ich mir nicht doch noch ein paar Tage freigenommen hatte, um nach München zu fahren. Dort standen nämlich gegen Bayern und 1860 der 17. und 18. Spieltag auf dem Programm. Diese beiden Spiele waren nun wohl wirklich der absolute Tiefpunkt der Saison. Mit absoluten UN-Leistungen erzielte der HSV zwei 1:2-Niederlagen und ermöglichte sich so selbst eine höchst beschissene Winterpause mit reichhaltigen „Pagel raus“-Diskussionen.

Ich bin ja persönlich eher ein Pagel-Freund und wollte mich deshalb nicht an den Pagel-Raus-Meinungen beteiligen. Ich setzte mir das Ziel, daß nun aber in der Hinrunde die ersten Spiele gewonnen werden müssen, denn dann hätte man vom 10. Spieltag wieder rasch Anschluß an die UEFA-CUP-Ränge gefunden.

Nach dieser von mir an Herrn Pagelsdorf gestellten Zielsetzung, hätte ich allerdings nach den nächsten beiden Spieltagen selbst den Kopf des Trainers fordern müssen. Da ich aber Vertrauen in Pagelsdorf und seine Arbeit hatte, hielt ich ihm weiterhin die Stange.

Das erste Spiel der Rückrunde wurde gleich wieder mit 1:2 zu Hause gegen Berlin verloren. „Natürlich“ wieder durch ein spätes Tor der Berliner, die von der 28. Bis zur 77. Spielminute in Unterzahl agierten. Pagelsdorf wurde nach diesem Spiel vorgeschmissen, daß er trotz der Überzahl nicht hinten die Abwehr lockerte, um vorne den „Todesstoß“ zu erzielen. Diese Einschätzung kann man nach dem Spiel gewiß teilen. Während des Spiels fand ich es aber nicht so falsch, wie man agierte.

Am 20. Spieltag folgte dann zwar eine weitere Niederlage beim SV Werder Bremen; trotzdem würde ich zwischen diesen beiden Spielen eine zweite Zäsur im Saisonverlauf sehen.  Während es bis zum Haching-Spiel noch ganz gut aussah und dann bis zum Hertha-Spiel grottenschlecht, sah ich ab diesem Werder-Spiel wieder Licht am Ende des Tunnels. Bereits in Bremen hat sich der HSV endlich wieder zusammengerissen und fightete bis zum Schluß. Allein Marek Heinz hätte den HSV zu einem lockeren Sieg schießen können, aber letztendlich sollte doch nur wieder eine Niederlage herausspringen. Trotzdem zeigte der HSV ENDLICH wieder ein anderes Gesicht.

Allerdings wurde die erneute Niederlage natürlich die Trainerdiskussion sehr hochgekocht. Während im Internet und in den Medien nun mehr und mehr der Kopf von Pagel gefordert wurde, verblüffte mich die Nordtribüne im HSV- und Pagel-Schicksals-Heimspiel gegen Bochum mit häufigen „Pagelsdorf“-Anfeuerungsrufen. Und man konnte auch noch einmal durch einen 3:0 Sieg den Kopf aus der Schlinge ziehen. Wie auch schon im Hinspiel war Bochum aber auch einfach zu elend-schlecht, um sich gegen die Niederlage zu stemmen.

Nach diesem Luftholen gab es aber gleich wieder den nächsten Dämpfer mit einer 2:4-Niederlage in Dortmund, die wieder dazu führte, daß das nächste Spiel das Pagel-Schicksalsspiel lt. Medien sein sollte. Allerdings beteuerte der HSV-Vorstand die ganze Zeit über, daß man weiterhin zu Pagel halten werden – auch bei evtl. Niederlagen.

Zum Dortmund-Spiel sei noch gesagt, daß ich die HSV-Leistung gar nicht so schlecht fand. Erstmals überzeugte mich Barbarez neben seinen Scorer-Fähigkeiten auch mit Kampfgeist, den er in den folgenden Spielen auch immer wieder bewies. Er gab nun nicht mehr nur die launische Diva, sondern grätschte auch und tat etwas für das Team. Außerdem war das Dortmund-Spiel wohl das endgültige Aus für den Iraner Vahid Hashemian. Nach seiner Einwechslung sah er nach kurzer Zeit die rote Karte und beförderte sich somit quasi ganz aus dem HSV heraus.

Nun stand also wieder der Trainer vor einem Schicksalsspiel. Aber nicht nur der Trainer sondern eben auch der ganze Verein. Man war inzwischen mit 24 Punkten nur einen Punkt und 2 Plätze vom Abstiegsplatz entfernt. Wer weiß, was bei einer Niederlage nicht nur mit dem Trainer passiert wäre.  Als der HSV nach dem ersten Wolfsburger Angriff in der 10. Minute mit 0:1 zurücklag, ging uns wohl allen die Muffe, aber der kämfperisch vorbildliche Erik Meijer, Sergej Barbarez und Mehdi Mahdavikia  konnten den HSV mit 3:1 in Führung bringen, während man nach dem 3:2-Anschlußtreffer wieder bis zur Schlußsekunde um den Sieg zittern mußte.

Erstmals konnte eine ordentliche Leistung und ein Sieg nun auch bestätigt werden, indem das nächste Spiel auf Schalke mit 1:0 gewonnen werden konnte. Es war zwar ein glücklicher Sieg, weil Schalke zunächst sehr viele höchstprozentige Chancen vergab (Danke, Gerald Asamoah) und sogar ein Tor fragwürdig abgesprochen kam; trotzdem hatte der HSV immer gegengehalten und selbst auch genug gute Chancen vergeben. So fand ich den späten 1:0 Führungs- und Siegtreffer zwar glücklich, aber nicht unverdient. 

Nach diesem Sieg war es nun so, daß mir viele Steine vom Herzen fielen und ich nicht so recht wußte, ob ich nach oben oder unten schauen sollte. Zu einem UEFA-CUP-Platz  waren es nur 7 Punkte. Aber zum Abstiegsplatz eben nur 4.

Der HSV begann nun eine nicht enden wollende Unentschieden-Serie. Zwischen dem 25. und dem 30. Spieltag spielte man ausschließlich Unentschieden, d.h. 6 Punkte aus 6 Spielen, von denen man mindestens die Hälfte hätte gewinnen können (wenn nicht sogar müssen). In vier dieser 6 Spiele lag man mit 1:0 in Führung und ließ sich doch immer wieder Gegentore einschenken. Ein Spiel (in Freiburg) war ein grottenschlechter Mauerkick und besonders das 1:1 am 29. Spieltag zu Hause gegen Köln kann man auch schlecht vergessen: Der HSV lag dem ersten guten Angriff des Gegners wieder einmal mit 0:1 zurück und konnte in der 2. Halbzeit 2 !!!! Elfmeter nicht verwerten. Zunächst scheiterte Butt mit einem schlechten Elfer und danach schoss Barbarez ans Lattenkreuz. Diesem Spiel wurde dann allerdings noch die Krone aufgesetzt, als kurz vor Schluss ein klarer Treffer von Kovac nicht anerkannt wurde. Er hatte den Ball ca. 1 m über die Linie gestochert und von dort wurde er durch die Hand eines Kölner Verteidigers wieder ins Spiel befördert. Schiri und insbesondere Linienrichter sahen das alles nicht und ließen weiterspielen. Obwohl es somit wieder nur ein Unentschieden war, war es ein tolles Spiel und die unglaublichen 50.000 Zuschauer auch reichlich aus dem Häuschen.

Die 6 Unentschieden in Folge hatte den HSV trotz nunmehr bereits 8 Spielen hintereinander ohne Niederlage in der Tabelle nicht sehr geholfen. Das Zittern ging immer weiter und nach dem 30. Spieltag hatte man nur 5 Punkte Vorsprung vor einem Abstiegsplatz.

Am 31. Spieltag sollte dann aber endlich die recht sichere Erlösung durch einen 2:1-Sieg gegen Rostock folgen. In einem wieder sehr interessanten Spiel konnte ausgerechnet der bekennende HSV-Fan und –Spieler Marinus Bester den HSV vor dem Abstieg retten mit seinem Siegtreffer in letzter Sekunde. Der HSV hatte nun endlich 39 Punkte und damit fast die magische Nicht-Abstiegs-Grenze von 40 Punkten erreicht. Das waren zwar weiterhin nur 6 Punkte Vorsprung auf den Abstiegsplatz, aber durch die Konstellation der anderen Spiele, dem immensen Torvorsprung und der Tatsache, daß es nun nur noch 3 Spiele gab, war eigentlich nur noch rechnersich der Abstieg möglich. 6 Punkte und 18 Tore Vorsprung vorm 16. Platz sollten für 3 Spiele eigentlich ausreichen – und taten es dann ja auch. 

Nach dem Heimspielsieg gegen Rostock sollte ein Heimunentschieden gegen Kaiserslautern folgen, daß dem HSV endgültig jede Abstiegsgefahr nahm. Allerdings war durch den nicht erreichten Sieg nun auch langsam die winzig kleine Hoffnung auf das Erreichen eines UI-Cup-Platzes geplatzt. Dabei wäre es in diesem Jahr wirklich einfach gewesen. Kaiserslautern und Köln hatten nicht für den UIC gemeldet und bei günstiger Konstellation hätte der 11. oder 12. Platz dazu bereits gereicht. Vielleicht aber auch besser, daß so eine schlechte Saison nicht am Ende ggf. noch mit einem internationalen Wettberwerb belohnt wird.

Nach 10 Spielen ohne Niederlage  ließen sich die Spieler dann allerdings am vorletzten Spieltag in Cottbus auch anmerken, daß nun nichts mehr nach oben oder unten ging. Quasi kampflos gab sich der Großteil der Mannschaft geschlagen. Einzig Barbarez kämpfte und kämpfte, weil er auch noch die Torjägerkanone vor Augen hatte. In diesem Spiel stand auch erstmals Mathias Schober im Kasten des HSV. Butt hatte sich nun krank gemeldet, weil der HSV nicht einer vorzeitigen Leistenoperation zustimmte. Inwieweit er oder der HSV sich da etwas zu schulden kommen lassen hat, kann man als Außenstehender schwer beurteilen. Trotzdem entstand auch bei mir der Eindruck, daß es Butt sehr wichtig war, zum Trainingsauftakt beim neuen Arbeitgeber Leverkusen rechtzeitig fit zu sein.

Das letzte Spiel der Saison sollte den HSV-Fans dann noch einmal einen besonderen Leckerbissen bieten. Es ging zu Hause gegen den FC Bayern München. Während es für den HSV um nichts mehr ging, ging es für die Bayern um die Meisterschaft. Und es sollte ein packender letzter Spieltag werden. Während Schalke vor dem 33. Spieltag noch erster war, schaffte Bayern am 33. Spieltag einen Platztausch. Während Schalke in Stuttgart in der 91. Minute verlor, siegte Bayern in letzten Minute gegen Kaiserslautern. Somit reichte Bayern 1 Punkt beim HSV, da hätte Schalke nichts mehr machen können. Wenn allerdings Schalke gewonnen hätte und der HSV ebenfalls, wären die Gelsenkirchener Meister geworden.

Während Schalke schnell zurücklag und trotzdem noch einen 5:2-Sieg erzielte, stand es im Volkspark sehr lange unentschieden. Die Bayern mauerten immer mehr und spielten uuuuuunendlich auf Zeit. In der 87. Minute wurden sie durch Barbarez mit dem 1:0 dafür abgestraft und man mochte doch wieder an einen Fußballgott glauben. In der 95. Minute wußte man dann aber wieder, daß ein evtl. Fußballgott doch nur Bajuware sein konnte. Bayern gewann in der 95. Minute !!! durch einen zumindest fragwürdigen indirekten Freistoss im HSV-Strafraum durch das 1:1 die Meisterschaft.

Soweit also alles zu den HSV-Spielen dieser Saison.
 

Fazit: 
Wie bereits gesagt, wurden wir HSVer zwischen Himmel und Hölle hin- und hergetrieben. Allerdings war ab dem Turin-Auswärtsspiel vermehrt Hölle angesagt. Man konnte sich zwar in der Rückrunde wieder fangen, aber trotzdem saß einem das Abstiegsgespenst immer so im Nacken, daß man sich auch über 10 Spiele ohne Niederlage nur bedingt freuen konnte.

Immer, wenn es möglich gewesen wäre, durch einen weiteren Sieg Anschluß an das Mittelfeld bzw. heimliche Hoffnungen auf einen internationalen Wettbewerb zu erlangen, wurde wieder nicht entscheidend gepunktet. 

Geblieben aus dieser Saison ist hauptsächlich der Wunsch wohl aller HSVer, nicht noch einmal so zittern zu müssen. Außerdem ist insbesondere die Diskussion um den Trainer geblieben.

Ich bin nach wie vor ein Pagel-Befürworter. Im Gegensatz zu den Kritikern erkenne ich eine positive Tendenz des HSV seit Pagels Amtsantritt. Meines Erachtens hat der Trainer eine sehr gute Nase für Topspieler, die vorher noch keiner auf dem Zettel hat. 

Als positive Beispiel für diese These möchte ich aus dieser Saison mal Ujfalusi, Heinz und Barbarez anführen. Barbarez hatte ein ganz schlechtes Jahr in Dortmund und ist hat beim HSV sofort zu Spitzenleistungen gefunden. Völlig unbekannt außerhalb Tschechiens waren wohl Ujfalusi und Heinz, die beide sehr gut beim HSV eingeschlagen sind. Ein Spieler wie Kette hat ebenfalls ein riesiger Potential, war aber durch seine lange Verletzung nach einer auch nur durchwachsenen Hinrunde in der Rückrunde gar nicht mehr im Team.

Ebenso wirkte Meijer nach seinem Wechsel Ende der Hinrunde sehr positiv auf das Team durch seine unermüdlich kämpfende Art. Den kann man allerdings natürlich nicht als Talent bezeichnen und ich sage ihm auch keine große Zukunft beim HSV voraus, falls der HSV nun wieder guten Fußball in UEFA-CUP-Rang-Nähe spielt. Meijer war für den HSV mit seinem brutal schlechten Lauf genau der richtige „Wecker“, aber in einer HSV-Mannschaft, die wieder oben anklopft, sähe ich nur wenig Chancen für ihn.

Ebenso nicht als Talent aber als guten Einkauf möchte ich Stig Töfting anführen. Während ich ihn nur als bloßen Ersatzmann sah, entwickelte er sich in der Hinrunde zum m.E. besten Einkauf des HSV. In der Rückrunde war er nicht ganz so stark, aber insgesamt gehörte er zu den Besseren in dieser haarigen Saison.

Und dann kann ich auch nicht umhin, meinem „Erzfeind“ Hollerbach diesmal eine hervorragende Saison zu bestätigen. Während ich jahrelang von ihm nur genervt war, weil man ihm immer den Kämpfer nachsagte, ich ihn aber bestenfalls als „Holzer“ sah, hat er in dieser Saison auch mich durch seinen Kampfgeist beeindruckt. Er war für das Team meistenteils ein Vorbild und ist für mich zusammen mit Barbarez eigentlich der beste HSV-Spieler der Saison 2000/2001. (Mann-o-Mann, hoffentlich liest niemand, daß gerade ICH das gesagt habe ... ;-) )

Allerdings gab es in dieser Saison auch viele Spieler, von denen ich sehr enttäuscht war. Bei einigen habe ich es schon so befürchtet, bei anderen traf es mich allerdings unerwartet.

Insbesondere enttäuscht war ich von Cardoso und Yeboah. Allerdings weniger darüber, daß sie besonders schlecht gespielt haben, sondern daß sie durch ewige Verletzung und Gerichtsprozesse dem HSV eigentlich überhaupt nicht helfen konnten. Beide Spieler waren in der Vorsaison immens wichtig und Stützen des HSV. Ich sehe auch insbesondere in Ihrem Fehlen einen der Hauptgründe für die schlechte Saison des HSV.

Nicht durch Verletzungen sondern durch teilweise völlig indisponierte sportliche Leistungen haben mir Butt, die ganze Hintermannschaft, Maul, Groth und teilweise auch Mahdavikia nicht gefallen.

Mahdavikia war dabei nicht so schlimm wie die anderen, aber auch er konnte überhaupt nicht an die Vorsaisonleistungen anknüpfen. Sehr oft versteckte er sich und zeigte nur sehr wenig von seinem Potential.

Besonders herb muß es für Butt gewesen sein. Vom Kult-Keeper des HSV zum Buhmann. Allerdings ist es auch bei mir zum Buhmann geworden, weil er sein Wort nicht gehalten hat (das alles wieder aufzuwärmen, würde hier zu weit führen). Aber auch seine sportlichen Leistungen war häufig schlicht grausam. Leider hat er einige Spiele fast im Alleingang verloren und regte mich häufig durch seine Unschlüssigkeit und Unsicherheit im Strafraum auf.

Ronald Maul verläßt den HSV bereits nach einem Jahr wieder und nach den gezeigten Leistungen kann man auch nur sagen: Gut so !

Über Groth ärgere ich mich wirklich. Und das ist auch einer der wenigen Punkte, die ich dem Trainer vorwerfe: Die Nibelungen-Treue zu einigen Spielern. Bei Groth verstehe ich das insbesondere nicht (bei Butt, Hertzsch und Yeboah war es auch teilweise fraglich). Martin Groth soll lt. Insider-Aussagen ein total netter Kerl sein – der freundlichste unter den HSV-Spielern. Aber das ist nun einmal kein Grund, weshalb er auch auf dem Feld stehen sollte. Weite Teile der Saison war er verletzt, aber kaum war er wieder gesund, stand er auch wieder auf dem Feld. Und da kann ich mich an kein einziges Spiel erinnern, in dem ich mich nicht über ihn geärgert habe. Entweder war er nie fit oder seine Zeit ist einfach vorbei. Er ist super-langsam und vor allem hat er die rechte Seite bei seinen Einsätzen nie gehalten und zog immer mehr in die Mitte. Das erleichtert das Spiel über die Außen nicht gerade.

Der Abwehrverbund war ingesamt (bis auf die Ausnahme Ujfalusi) grottenschlecht. Hoogma – Panadic – Hertzsch haben für meinen Geschmack allesamt eine Saison „unter aller Sau“ gespielt. Während es bei Hooma und Panadic m.E. an der nicht mehr vorhanden Grundschnelligkeit liegt, die wohl auch kaum wieder kommen wird in deren Alter, hätte ich bei meinem Ex-Liebling Hertzsch zumindest noch Hoffnung auf Besserung. Allerdings hat auch gerade er in der Hinrunde äußerst bescheiden gespielt und fand sich in der Rückrunde zu Recht auf der Bank wieder. Nun möchte er wohl gerne wechseln und scheint sich nicht, durch bessere Leistungen wieder ins Team kämpfen zu wollen. Schade, Hertzscher, auf Dich hatte ich wirklich gebaut. Ein bißchen Hoffnung habe ich ja noch.

Da es gegen Ende der Hinrunde immer schlechter lief, ließ Pagel in der Winterpause schon andere Taktiken trainieren wie z.B. 3-5-2 anstatt des bekannten 3-4-3. 3-5-2 wurde allerdings fast nur im ersten Spiel des Jahres 2001 gegen Hertha gespielt und dann wieder ad acta gelegt. In den letzen Spielen der Rückrunde wurde aber quasi – trotz der ständigen Abstiegsangst – ein anderes System beim HSV gespielt. Es hat tatsächlich den Umschwung auf Vierer-Abwehr-Kette gegeben. Während ich in den letzten 2 Jahren noch gar nichts davon hielt, weil mir kein Spiel gefiel, in dem wir in diesem System spielten, gelang es in dieser Rückrunde von Mal zu mal besser, sodaß darüber auch gar nicht gemeckert wurde und Pagel diese Taktik bereits für die kommenden Saison als Grundformation ausgegeben hat.

Praktisch bedeutet es für den HSV auch nur, daß Hollerbach tiefer spielte als sonst und der rechte Verteidiger eben ein bißchen mehr rechts als üblich.

Zur neuen Saison werde ich dann auch noch einen Saisonausblick schreiben, nachdem ich die neue HSV-Elf bei Testspielen etc. gesehen habe.

Pagelsdorf wird von Anfang an von vielen Fans argwöhnisch beobachtet werden. Ich hoffe jedenfalls, daß der HSV wieder richtig guten Fußball spielen wird und sich Pagelsdorf somit auch durchsetzt. Allerdings muß auch ich zugeben, daß ich nicht noch so einen Seuchensaison sehen müßte. Wenn der HSV nach 10 Spielen nicht einen anständigen Platz mit guten Aussichten auf einen internationalen Rang hat, sollte man sich nach einem neuen Trainer umschauen. Den sehe ich allerdings bisher nirgendwo „in freier Wildbahn“ umherlaufen. Der einzige, der mir zusagen würde, wäre „Kokser“ Daum, den ich mir aber in der Medienstadt Hamburg nach seinen Affären dieses Jahres kaum vorstellen kann.

Und abschließend möchte ich noch etwas zu einem Thema sagen, das viele Fans nicht gerne hören bzw. ganz anders sehen. Zum Volksparkstadion und dessen Stimmung.

Wir haben ein tolles Stadion und die Anzahl der Fans mit einem Durchschnitt von ca. 43.000 ist bei dieser miserablen Saison fantastisch. Trotzdem wünschte ich mir insbesondere von der Nordtribüne mehr Unterstützung für die Mannschaft, wenn es nicht so gut läuft. Wenn es gut läuft, ist es toll im Volksparkstadion. Dann springt im engen „Rund“ der Funke schnell über und die Mannschaft wird durch tolle Stimmung weiter gepusht (siehe Turin-Spiel). Aber wenn es mal nicht so gut läuft, haben wir uns leider keinen Deut gebessert im Vergleich zur Stimmung im alten Stadion. Manchmal denke ich sogar, daß sich in diesen Fällen die Stimmung noch verschlechtert hat im Vergleich zu früher, denn viele von uns scheinen sich damit zu beweihräuchern, daß wir eben ein tolles Stadion haben und die besten Fans seien und ja auch alles von selber komme. Das tut es aber nicht. Bei schlechten Leistungen wird das Team leider nur zu selten angefeuert (außer man sieht Pfiffe auch als eine Art der Anfeuerung). Da müssen wir uns allesamt noch verbessern. „Meine“ Westtribüne und ich auch besonders!!!

Am Ende bleibt von dieser Saison ein unvergeßliches Spiel gegen Juventus Turin, das auf Ewig in meinem Herzen einen Platz haben wird (*schmacht*) und die Hoffnung, nicht wieder so zittern zu müssen.

Tabelle des Spieltages

Mailt mir auch Euren Kommentar.
Ich pinne ihn dann hier unten dran und Ihr könnt noch in Jahren lesen, was Euch einstmals bewegte.


der "kicker" schreibt:

Einmal Himmel und zurück

Es begab sich auf der Zielgeraden der Saison, als sich beim Hamburger SV noch einmal ein leichter Positivtrend andeutete. Zehn Spiele ohne Niederlage, sieben davon allerdings remis, ließen kurz den Blick noch einmal auf jene Ränge schweifen, die die Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb bedeuten. Den Sportdirektor konnte das nicht mehr versöhnen. "Jetzt noch den Ul-Cup als Ziel auszugeben" so Holger Hieronymus, "das wäre nach dem Verlauf dieser Spielzeit einfach lächerlich."
Drei Jahre des steten Aufschwungs hatte der Klub seit der Verpflichtung Frank Pagelsdorfs 1997 erlebt. Der neue Trainer baute eine neue Mannschaft, brach mit ihr im neuen Stadion zu neuen Ufern auf - und erreichte sie mit der Qualifikation für die Champions League.
Der Trubel rund um den Einzug in die europäische Königsklasse übertünchte zunächst, dass es nicht rund lief. Es regierte die Freude auf internationale Fußball-Feste, wie es das unvergessliche 4:4 gegen Juventus Turin im Tollhaus Volkspark ja auch eines war. Doch dies und der 3:1- Sieg gegen die Italiener im Rückspiel, der wenigstens die Teilnahme am laufenden UEFA-Cup ermöglichte, sollten schon die einzigen Highlights der ansonsten sieglosen Hamburger bleiben.
Ein Mal Himmel und zurück auf den Boden der Tatsachen. Unfreiwillig trat der HSV wieder den Marsch in jene Grauzone an, der er in der Ära Pagelsdorf Schritt für Schritt entwichen war. Denn im Liga-Alltag schwammen den Hanseaten die Felle davon. Die Doppelbelastung forderte Tribut, die Talfahrt im Herbst 2000 führte bis an den Rand der Abstiegszone. "Ein echtes Seuchenjahr", seufzte Pagelsdorf, der in prekärer Lage sogar teilweise von seinem vertrauten und zuvor erfolgreichen 3-4-3-Rautensystem abrückte.
Probleme bereitete ihm das Personal . Regisseur Cardoso fehlte fast komplett, ebenso der einstige Torjäger Yeboah oder Kapitän Groth. Weitere Spieler, die im Vorjahr zu den Säulen zählten, schwankten: Torhüter Butt. bereits seit einem Jahr mit Leverkusen einig, Abwehrchef Hoogma, Wirbelwind Präger, auch Verteidiger Hertzsch, der trotz fallender Formkurve im November in der Nationalelf debütierte.
Voll konzentriert auf den Klassenerhalt brachte man das Schiff halbwegs sicher in den Hafen. Nach einem Jahr voller Rückschläge und Stagnation ist ungewiss, in welche Richtung es wieder ausläuft. Mit Butt ging eine Symbolfigur, ebenso mit Kovac (zum FC Bayern). Ohne diese Schlüsselspieler muss Pagelsdorf einen neuen Anfang machen.

Gewinner der Saison:
Wo wäre der HSV ohne Sergej Barbarez (29) gelandet? Es hätte wohl bitter geendet, denn den Toren und der Saisonleistung des Bosniers war dieses Jahr fast alles zu verdanken Unter Ziehvater Pagelsdorf, vertraut aus gemeinsamer Zeit bei Hannover, Union Berlin und Rostock, erreichte Barbarez die Form seines Lebens Mit Schimpf und Schande war er aus Dortmund weggejagt worden Sein Aufstieg in Hamburg gleicht deni des Phönix aus der Asche.

Verlierer der Saison:
Der Absturz des HSV ist auch der Niedergang des einst stolzen Torjägers Anthony Yeboah (34). Zermürbt von seinem Steuerprozess und zahlreichen Verletzungen erfüllte der Ghanaer nicht im Ansatz die Erwartungen. Seine Uhr war quasi abgelaufen, doch mit Hilfe einer zu guten Zeiten vereinbarten Option konnte Yeboah seinen Vertrag selbst um ein weiteres Jahr verlängern. So gesehen ist er als Top-Verdiener wenigstens finanziell ein Gewinner.
 

Trainer Pagelsdorf - der Unglückliche:
Ein"verflixtes viertes Jahr" für Frank Pagelsdorf in Hamburg. In der Krise behielt der 43-Jährige zwar stets Ruhe und Übersicht. Er traf aber auch unglückliche Entscheidungen - wie die vorübergehende Abkehr von der einst von ihm selbst eingeführten 3-4-3-Raute zu Gunsten einer defensiveren Taktik. Spannungen mit Butt, Hertzsch oder Ketelaer sowie viele Ausfälle in dem von ihm selbst gebastelten Kader kamen hinzu. Unglücklich somit auch ingesamt der Saisonverlauf für den Coach. Und wieder einmal Tränen. Diesmal aus Erleichterung nach der Rettung bei ihm, der als Baumeister des "neuen HSV" erstmals einen Rückschlag erlebte
 

Nachgefragt: Nico Hoogma "Unter unserem Niveau":
Herr Hoogma, bleibt von dieser Saison für den HSV überhaupt etwas positiv haften?
Höchstens unser internationales Abschneiden. In der Bundesliga ist jede Kritik gerechtfertigt, das war unter unserem Niveau.
Was war der Saisonhöhepunkt?
Generell, dass wir die Champions League erreicht haben. Top waren hier natürlich vor allem die Juve-Spiele - das 
4:4 daheim und der 3: 1 -Sieg in Turin. 
Wann war Ihnen im Saisonverlauf klar, dass diesmal beim HSV wohl gar nichts geht?
Eigentlich schon nach dem ersten Spiel im neuen Jahr 1:2 zum Wiederbeginn zu Hause gegen zehn Herthaner - das war die endgültige Trendwende nach unten.
Wie ist der kollektive Abschwung zu erklären?
Vorige Saison konnten wir fast komplett mit einer Formation durchspielen. Dieses Jahr gab es in allen Bereichen Ausfälle, die wir nicht wegstecken konnten.
Welcher davon war am schwersten zu verkraften?
Sicherlich der von Cardoso, er war Spielmacher, zentrale Figur. Barbarez hat es so gut er es ging kompensiert, aber er hat seine Stärken eben weiter vorne.
Welche Lehren ziehen Sie aus der verkorksten Saison?
Dass in Hamburg Ziele nur über den totalen Zusammenhalt zu erreichen sind. Wir haben keine Stars wie die Bayern, also müssen wir noch mehr als in dieser Saison als kompaktes, verschworenes Team auftreten. So müssen wir nächstes Jahr unsere erfolgreichen Automatismen wiederfinden.
 

Zuschauer:
Schnitt 2000/2001 : 42228
Kalkulation vor der Saison: 40000
1999/2000 im Schnitt:  40080

Umfeld:
Vorstandsboss Hackmann und Sportchef Hieronymus bilden mit Trainer Pagelsdorf eine funktionierende Troika. Kontinuität im Aufsichtsrat, Vorsitzender Bandow wurde wieder gewählt.

Attraktivität
Nur selten gab es jenen tollen Angriffsfußball, mit dem sich der HSV 1999/2000 in die Spitzengruppe und Fan-Herzen spielte. 

Finanzen:
20-Millionen-Rekordumsatz dank Europacup, der nächstes Jahr aber fehlt. Folge: Etat wird verringert.

Neuzugänge:
Barbarez schlug ein, Ujfalusi integrierte sich - im Gegensatz zu Fukal. Töfting als guter Griff. Heinz Ketelaer, Bester sowie die Nachkäufe Meijer und Kientz überzeugten sporadisch, Maul enttäuschte.


 
Fuxi schriebt folgenden Saisonrückblick:

Man mag es nennen, wie man will: Fazit, Bilanz, Saisonabschlußbericht oder - ganz verwegen - Jahresverlaufsendanalyse. Egal. Es ist und bleibt dasselbe Verfahren. Man hat den 20. Mai 2001, an dem alle Pflichtspiele des HSV absolviert sind. Man macht einen Strich unter die Saison, verrechnet alles seit dem 1. Juli 2000 erlebte zusammen und sieht: es ist eine typische HSV-Saison gewesen. Mal wieder. Im Ergebnis mag sie sich unterschieden haben von anderen, doch der Verlauf mit großen Höhen und ebensolchen Tiefen ist charakteristisch und ändert sich fast nie - mit Ausnahme der Meisterjahre. Es wurden paradoxerweise Spiele gewonnen, verloren und ohne Sieger beendet. Diesen Mix gibt's doch nur im Sport... 

Letztes Jahr Platz 3. Dieses Jahr Platz 13. Stärker sind wir demnach nicht geworden. Die Tabelle lügt ja nicht. Ein Jahr Können, das andere plötzlich nichts. Letzte Saison großer Jubel, da war's die Mannschaft. Diese Saison Katzenjammer - und es war der Trainer. Klar. Komplexität? Größere Kausalketten? Nicht im Volksparkstadion - das ist was für Intellektuelle, und Studenten interessieren sich nicht für sowas Profanes wie Fußball. Außerdem sind Akademiker doch Schwächlinge, und die haben schon in der Schulzeit von den Minderbemittelten auf die Fresse gekriegt. Warum sollte es im Volkspark anders sein, wo noch dieses aggressiv machende, stinkende, gelbe, schäumende Zeug in Plastikbehältnisse fließt und kalt getrunken wird, das man "Bölkstoff", "Halbe" oder schlicht "Biiiiääääääääääää" nennt? Als angehender Doktor läßt man sich nicht mehr verhauen, schon gar nicht von alkoholisierten Untermenschen, die zu keiner anderen Kommunikationsform als "HSV, HSV" fähig sind. Also machen wir es uns als Untermenschen einfach. Es war, wie immer, der Gärtner! Verzeihung, natürlich der Trainer! Sparen wir unsere Hirnzellen für den Kampf gegen den Alkohol. Es war der Trainer, also: Pagelsdorf raus! 

Ende Gelände! 
 
 

Moooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooment! 

Wer mich kennt, der weiß: VON WEGEN, FREUNDE DER SONNE!!! Solange mein Hirn noch verhindert, daß ich ein Pfeifen in den Ohren bekomme (nämlich das Pfeifen des Windes), soll's gefälligst auch arbeiten. Und dabei gehe man analytisch vor. Stillstand ist Rückschritt, also ist Veränderung auf jeden Fall Fortschritt. Machen wir uns also auf die Suche. Was war anders als im Jahr zuvor? 

Zunächst einmal der Saisonbeginn. Konnte sich die Mannschaft in der vergangenen Saison noch im UI-Cup heißspielen und von internationalen Gegnern wie FC Basel, Trabzonspor und FC Montpellier fordern lassen, wurde es zu Saisonbeginn gleich ernst. Frank Pagelsdorf hatte den Kader deutlich aufgestockt für das Unternehmen "Champions League". Neben jungen Talenten wie Thomas Hillenbrand, Benjamin Kruse und Jan Sandmann, auf die langfristig gesetzt werden soll, wurden wirklich vielversprechende Spieler geholt. Aus Tschechien kam ein Techniker par excellence: Marek Heinz. Hinter dem war Pagelsdorf seit anderthalb Jahren hergewesen, und nun hatte ihn Olmütz endlich freigegeben. Der wohl beste Keeper der zweiten Liga, Carsten Wehlmann, kam als Mann für die Ersatzbank mit Ambitionen auf den Stammplatz in der darauffolgenden Saison. Von der Tribüne in Dortmund wurde Sergej Barbarez weggekauft. Der hatte sich mit dem Verein überworfen und sollte Rodolfo Cardoso ersetzen. Seine Qualitäten waren aus Rostock noch in bester Erinnerung. Fürs defensive Mittelfeld kam Stig Tøfting aus Aarhus. Dort war er nach seinem Engagement beim MSV Duisburg ablösefrei gewechselt, und nach ein paar Wochen erneut ablösefrei zum HSV. Cleverer Schachzug. Der zweite Rückkehrer nach Regionalliga-Torjäger und Stand-by-Profi Marinus Bester. Als Konkurrenz für Bernd Hollerbach wurde Nationalspieler Ronald Maul aus Bielefeld verpflichtet. Und für die linke Außensturm-Position kam der teuerste Spieler der Vereinsgeschichte, Marcel Ketelaer. In ihn wurden viele Hoffnungen und Erwartungen gelegt. Für viele war er der kommende Stammspieler in der Nationalmannschaft. Leider standen dem auch Abgänge gegenüber, die Löcher ins Team rissen. Mit Dimitrios Grammozis ging ein Allrounder für vergleichsweise geringe 2,4 Millionen Mark nach Kaiserslautern - angeblich wegen seiner Schwester... wer's glaubt, wird selig! Dann wurde ein maulender, arroganter und überschätzter Fabian Ernst nach Bremen abgegeben. Und auch Thomas Gravesen, der durchblicken ließ, als Ersatzspieler nicht verlängern zu wollen, mußte aus wirtschaftlichen Gründen abgegeben werden - neun Millionen Mark gab's für einen Ersatzspieler. Die anderen Abgänge, Alexander Bade nach Köln, Vanja Grubac nach Belgrad, Özkan Gümüs nach Lüneburg, Sascha Ilic nach Skopje und Rasoul Khatibi nach Teheran, waren zu verschmerzen, um nicht zu sagen: dort konnte man sich verbessern. 

Die Saison begann mit dem Ligapokal. Frank Pagelsdorf nutzte das Spiel auf der Lübecker Lohmühle, wo im Jahr zuvor im UI-Cup 0:1 gegen Basel verloren und 4:1 gegen Trabzon gewonnen wurde, um zu testen. Der HSV hatte keinen Ersatzlibero, und so durfte Niko Kovac auf der Hoogma-Position ran. Trotz früher Führung durch einen Butt-Elfmeter ging der HSV noch ein, verlor 1:3 trotz 46 Minuten Überzahl nach rot für Alves (Tätlichkeit an Kovac). Kein guter Start. Schließlich ging es zwei Wochen später gegen Brøndby IF schon um den Einzug in die Gruppenspielphase der Champions League. Am 8. August war es soweit. Das erste internationale Spiel der Saison. Frank Pagelsdorf konnte auf seine Topelf setzen. Die bewährte Dreierkette, ein Mittelfeld mit nur einer Änderung (Barbarez als Spielmacher anstelle des noch immer verletzten Cardoso), und im Sturm durfte Ketelaer auf der linken Seite Yeboah bedienen. Der für seinen Wechsel nach Leverkusen viel gescholtene Hans-Jörg Butt parierte einige Male ganz stark und hielt das 0:0 fest. In den letzten zehn Minuten stellten die - offensichtlich vollen - Rothosen dann die Weichen durch recht überraschende Tore von Barbarez und Mahdavikia. Nur vier Tage später war Saisonstart in der Bundesliga. Gegen 1860 ging es mit einem Doppelschock los: zwei Gegentore in den ersten fünf Minuten, genau das Gegenteil dessen, was dem HSV in Kopenhagen gelungen war. Aber die Rothosen wurden besser, kamen durch das erste HSV-Tor von Marcel Ketelaer und durch ein Kontertor von Roy Präger zum hochverdienten Ausgleich und waren dem 3:2 näher. Nur schwindende Kräfte verhinderten einen Auftaktsieg. 

Eine Woche später mußte der HSV zum Angstgegner Hertha. Was war vor dem Spiel davor gewarnt worden, mit dem Kopf schon beim Brøndby-Rückspiel zu sein und Hertha zu leicht zu nehmen. Schließlich war ausgerechnet der Gegner das beste Beispiel, wie man es nicht machen sollte, schließlich waren sie in der letzten Saison in der gleichen Ausgangsposition gewesen, hatte in der Champions League überzeugt und in der Bundesliga weitgehend versagt. Allein bei den Warnungen blieb es, sie kamen nicht an. Zweimal Beinlich, Hartmann und Rehmer schossen den HSV 4:0 ab, Panadic sah zudem eine dämliche gelb-rote Karte. Das Debüt von Ronald Maul mißlungen. Wenigstens wurde das zweite Brøndby-Spiel klar beherrscht und mit einem unglücklichen 0:0 der Einzug in die Geldmaschine klargemacht. Wenigstens etwas. Im Personal wurde nachgebessert. Als Ersatzlibero kam der vertragslose Fußball-Globetrotter Jochen Kientz, der im Probetraining überzeugt hatte. Sein Debüt feierte er im DFB-Pokal beim lockeren 3:0-Erfolg in Aue. Die folgenden Wochen waren Highlights. Gegen Bremen erzielte Ingo Hertzsch sein erstes Bundesligator zum 2:1. In diesem Spiel debütierte der neue teuerste Einkauf der Vereinsgeschichte, Milan Fukal. 5,75 Millionen Mark hatte sich der HSV den tschechischen Abwehrspieler kosten lassen. Zudem wurde nach einer Verletzung von Carsten Wehlmann noch Mathias Schober als Ersatzkeeper von der Schalker Tribüne ausgeliehen. In Bochum siegte der HSV locker mit 4:0 - mit dem wieder genesenen Rodolfo Cardoso, und war damit planmäßig in den UEFA-Cup-Rängen, drei Punkte hinter Tabellenführer Schalke. Aber das Jahrhundertspiel fand am 13. September im Hamburger Volksparkstadion statt. Es war nicht nur das erste Spiel des HSV in der Champions League, es war auch ein geschichtsträchtiges Spiel: im Mai 1983, siebzehn Jahre zuvor, hatte der HSV in Athen Juventus Turin mit 1:0 besiegt und den Pokal der Landesmeister gewonnen. Nun, im Pokal der Landesmeister in seiner neuen Form der "Champions League", hieß der Gegner wieder Juventus Turin. Und es wurde ein unvergeßliches Spiel vor ausverkauftem Haus. Tudor brachte Juve in Führung, Yeboah glich aus. Dann aber gab's den Doppelschock. Zweimal, kurz vor und nach der Pause, schlug Filippo Inzaghi zu, brachte Juve mit 3:1 in Front. Das Spiel schien gelaufen. Dann aber schlug die Stunde von Mehdi Mahdavikia. Als noch 25 Minuten zu spielen waren, legte der für Hollerbach eingewechselte Ketelaer von links auf, und Mahdavikia stocherte das Leder ins Tor. Der Volkspark kochte, und es wurde noch schlimmer, als nur vier Minuten später der Iraner steil geschickt und von Ciro Ferrara im Strafraum umgesenst wurde. Butt verlud van der Sar zum Ausgleich. Und was dann kam, sollte man sich eigentlich besser als Reportage anhören, und zwar als die, die im Internet zu hören war. Reporter Alexander Jacob, eigentlich ein Fan der SG Wattenscheid 09, drehte am Mikro völlig ab. Auf eine eigene Beschreibung verzichte ich zugunsten eines Zitats aus der Übertragung, entnommen dem "Komodo"-HSV-Juve-Remix, den der Radio-DJ Phillip Kolanghis nach diesem Spiel anfertigte: 

"Und jetzt sind's noch achteinhalb Minuten. Freistoß von rechts... Ketelaer... Kopfballmöglichkeit für den HSV... Mahdavikia... zieht ab - TOOOR! TOOOR FÜR DEN HSV! Tor für den HSV! Vier zu drei!!! Das ist unglaublich! Das ist mit Worten nicht mehr zu beschreiben! Das ist der HSV 2000! Unglaublich! Das ist ja irre! Das hältst Du im Kopf nicht aus... Mensch, kneif' mich doch mal einer... Gibt's das denn überhaupt??? Niiiikoooo Kovac macht das 4:3! Das ist unglaublich! Ich faß' es nicht - ich faß es nicht. Das hab' ich noch nicht erlebt! Das gibt's ja gar nicht mehr! Das ist ja sensationell... ich bin ruhig..." 

Und dann folgte, gut hörbar, das alte Ansagespielchen zwischen Stadionsprecher Uwe Bahn und den Fans: "Unser neuer Torschütze: unsere Nummer elf: Niko..." - "KOVAC" - "Neuer Spielstand: Hamburg..." - "VIER" - "Turin..." - "NULL" - "Danke!" - "BITTE!" (wenngleich Juve drei Treffer erzielt hatte). Der Katzenjammer folgte auf dem Fuß. Es ist nicht auszumalen, wie die Saison verlaufen wäre, wäre dieses Spiel gewonnen werden können. Gegen den HSV-Erfolg hatte einer etwas: Filippo Inzaghi, die Feder, die leicht fällt, wenn sie im Strafraum ist. Und so war es auch diesmal. Barbarez versuchte, den Italiener mit Trikotziehen am Torschuß zu hindern, Inzaghi fiel, und es gab zurecht Elfmeter. Gegen den Strafstoß von Inzaghi war Butt machtlos. "Nur" 4:4... Irgendwie war es das Schlüsselspiel dieser Saison. Die Erwartungen stiegen ins Unermeßliche. Als Saisonziel war ein UEFA-Cup-Platz ausgegeben worden. Aber dieses Spiel setzte gewisse Maßstäbe. Die Champions League war plötzlich alles, die Bundesliga nichts. Zumindest in den Köpfen der Spieler wurde die Hauptaufgabe, nämlich die 34 regulären Saisonspiele, schlicht vrgessen. 

Drei Tage später kam Dortmund in den Volkspark. Dortmund ging in Front, der HSV glich aus und führte. Doch Dortmund glich aus und siegte durch ein Elfmetertor von Herrlich. Sechs Tage nach dem Jahrhundertspiel gegen mußte man zum spanischen Meister La Coruna. Wieder gingen die Gastgeber in Führung, wieder glich der HSV aus. Und dann passierte das, was dem HSV seit zwei Jahren nachhängt: ein Gegentor in den Schlußminuten, genauer gesagt in der Schlußminute: Scaloni traf zum glücklichen 2:1-Sieg der Spanier. Positiv war aber, daß der HSV mit dem spanischen Meister und dem italienischen Vizemeister mitgehalten und sie an den Rand einer Niederlage gebracht hatte. Alles schien international noch offen, kamen nun die vermeintlich leichten Spiele gegen Panathinaikos Athen. National mußten die HSV-Fans leiden. In Wolfsburg brauchte der HSV Moral. Nach 0:2 brachte Mahdavikia den HSV wieder ran. Fukal mit seinem ersten Tor zum Ausgleich, die Führung durch Cardoso, der Ausgleich durch Akpoborie, und wieder die Führung durch Präger. Dann das alte Spiel: Akpoborie in der 90. Minute zum 4:4. Wieder zwei Punkte verschenkt. Wieder 4:4, wieder in Wolfsburg, wie im Vorjahr. Es folgte eine schmerzliche Niederlage im Volkspark gegen Panathinaikos. Da war alles gelaufen. Auch wenn noch auf Platz zwei spekuliert wurde, war doch klar: mit einem Punkt aus drei Spielen war höchstens noch Platz drei in Reichweite, und das war das Höchstziel, das Wehmeyer und Co. postuliert hatten. Das "Lehrjahr" wurde kein Meisterjahr. Zumindest in der Bundesliga war Land in Sicht. Der überraschende Tabellenzweite Schalke wurde traditionsgemäß 2:0 abgefertigt, in Stuttgart gab es ein unglückliches 3:3, und trotzdem war der HSV im Plan - Platz fünf. Im Rückspiel im geschichtsträchtigen Athen versteckte sich der HSV, holte einen Punkt. Das Hauptaugenmerk wurde definitiv auf die Bundesliga gelegt. Aber nach einem 2:0 gegen Eintracht Frankfurt (das den HSV bis auf drei Punkte an Bayern und Schalke ranbrachte) gab es doch ein Highlight: das Rückspiel in Turin.^Es wurde das nächste sensationelle Spiel. Nach 17 Minuten mußte Dauerbrenner Niko Kovac verletzt raus, und Ronald Maul kam. Ein schlechtes Omen, war er doch ohne Spielpraxis. Der HSV setzte die Akzente. Jochen Kientz, eigentlich einer, der niveaumäßig zwischen der ersten und zweiten Liga liegt, war gegen Weltstar Zidane angesetzt. Dem stieg wohl der Kamm, nachdem er komplett wirkungslos blieb und der HSV durch ein Kopfballtor von Roy Präger sensationell in Führung gegangen war. Dem Franzosen knallten nach einem von Kientz gewonnenen Zweikampf alle Sicherungen durch, und er versetzte der Nummer 2 des HSV einen Kopfstoß. Rote Karte! Vier Minuten später folgte ihm der holländische Star Edgar Davids mit gelb-rot. Als Kientz mit Brummschädel ausgewechselt wurde (es kam Juve-Schreck Mahdavikia), stand es schon 0:2 - Anthony Yeboah, der bis dato eine - vorsichtig formuliert - beschissene Saison spielte, traf und ließ die Hoffnungen auf einen HSV-Sieg in Turin abrupt ansteigen. Der Anschlußtreffer von Kovacevic machte nochmal nervös, aber Juve half selbst und schenkte mit einer Fehlerkette Andrej Panadic sein erstes Europapokaltor. Der HSV stürzte Juve in eine Krise - wer hätte das gedacht. Rechnerisch war wieder Platz 2 drin, sogar der Gruppensieg. Doch das Durchwachsene setzte sich fort. Nur für die Köpfe war dieses Spiel erneut Gift. 

Es folgte ein dummes 1:2 in Unterhaching - wieder zwei Gegentore in den Schlußminuten -, das Ausscheiden im DFB-Pokal in Karlsruhe und ein fulminantes 5:0 gegen Freiburg, in dem Marinus Bester als Mittelstürmer für den fehlenden Anthony Yeboah sein 4. Bundesligator erzielte - die ersten drei machte er auch im HSV-Trikot... Dann ging es im Volksparkstadion gegen Deportivo La Coruna. Wieder hatte der HSV die Spanier am Rande einer Pleite, aber wieder reichte es nicht. Nach der Führung von Mahdavikia hatte Makaay was gegen einen HSV-Sieg. Die Rothosen erreichten die 3. Runde des UEFA-Cups, Juventus Turin hingegen war punktgleich und nur wegen des verlorenen direkten Vergleichs als Letzter ausgeschieden. Wahnsinn. Zu diesem Zeitpunkt lag der HSV mit sechs Punkten Rückstand auf die Bayern auf Platz sechs. Letztmals in dieser Saison auf einem UEFA-Cup-Platz. 

Mit dem Ausscheiden aus der Champions League war irgendwie die Siegermentalität verloren. Hatte sich die Geldliga noch positiv ausgewirkt, so war doch irgendwie die Luft raus. Auf das 1:1 gegen La Coruna folgte ein Debakel. Frank Pagelsdorf hatte keine Alternativen im Sturm und mußte viel umstellen, da Cardoso wieder fehlte, ebenso Hollerbach und Kovac. Hans-Jörg Butt verhinderte, daß der HSV völlig unterging, und so blieb es am Ende beim 2:4. Gegen Leverkusen der nächste Nackenschlag. Was tausendmal klappt, geht einmal schief. Hans-Jörg Butt verlor ein Dribbling gegen Rink und kassierte so beim Stande von 1:1 ein unnötiges Gegentor. Ausgerechnet gegen Leverkusen, gegen seinen zukünftigen Arbeitgeber! Fortan war er bei den Fans unten durch und wurde weiter gemobbt und ausgepfiffen. Auch in Rom im UEFA-Cup, als ihm der Ball "durch die Hosenträger" ins Tor rutschte - das Sieg Tor für Roma. Den Mob interessierte natürlich nicht, daß er mit vielen Glanztaten eine höhere Pleite verhinderte, zumal die auch noch außerordentlich gerechtfertigt gewesen wäre. Er war der Alleinschuldige. Am Team ging das auch nicht spurlos vorüber. 0:1 in Rostock, 1:2 in Kaiserslautern (immer mit späten Gegentoren), 0:3 gegen den AS Rom... es stand vorm letzten Hinrunden-Heimspiel gegen Aufsteiger Cottbus Spitz auf Knopf, was die Ziele des HSV anging, sich wieder für einen internationalen Wettbewerb zu qualifizieren. Und selbst zur Halbzeit sah es nicht gut aus: Reghecampff hatte Cottbus in Führung geschossen. Aber dann meldete sich nach gellendem Pfeifkonzert doch wieder die Teammoral zu Worte. Barbarez und Heinz machten ein 2:1 draus. Daß der HSV nicht mehr Gegentore fing, hatte vor allem damit zu tun, daß der Cottbuser Spielmacher recht gut bei einem Neuzugang aufgehoben war: Tomáš Ujfaluši. Der Tscheche war dem HSV bei der Beobachtung von Marek Heinz aufgefallen und durfte ein halbes Jahr nach seinem Kumpel für die gleiche Transfersumme an die Elbe wechseln. Ein Glücksgriff! Der technisch starke Defensivmann brachte doch einige Sicherheit in die löchrige Abwehr, war zudem schnell integriert und mit der deutschen Sprache vertraut. Die Talfahrt schien zunächst gestoppt. 21 Punkte, 33:30 Tore, Platz 9 mit der zweitschwächsten Abwehr und dem zweitbesten Sturm der Liga. Und das eminent wichtige Auswärtsspiel bei Bayern stand noch aus, ebenso das Auswärtsspiel bei 1860. Die Münchner Woche, eine Schreckenswoche. Zweimal fuhr man nach Weißwurst-City, und zweimal ging man leer aus. Gegen Bayern lief der HSV mit neuem Sturm auf: Erik Meijer war ablösefrei vom FC Liverpool gekommen. Er sollte Spaß, Engagement und vor allem Gefahr bringen - genau das, was dem HSV nach der kräftezehrenden Europa-Tour fehlte. Er legte auch das 1:0 von Barbarez gegen Bayern auf, aber es half nichts. Durch ein Abstimmungsproblem zwischen Panadic und Butt erzielte Elber den Ausgleich und nur vier Minuten später den Siegtreffer. Beim Spiel gegen die Löwen lief es noch schlechter. Erst mußte Hans-Jörg Butt nach 13 Minuten mit Rückenbeschwerden raus, dann schossen Bierofka und Agostino die Gastgeber in Front. Sergej Barbarez (wer sonst?) brachte zwar den HSV heran, aber auf Sonnenschein folgt meist Schatten, hier in Form einer überflüssigen gelb-roten Karte. Das Spiel gelaufen und verloren. Ebenso die Ziele. Im Winter war der HSV nur einen Punkt vor einem Abstiegsplatz, die Europapokalränge sieben Punkte entfernt... 

Die Gründe für die Talfahrt waren vielschichtig, und das war das Problem. Es war nicht ein Manko, das zu eliminieren war, es war gleich ein halbes Dutzend. Die Champions League war beinahe tödlich. Immer wieder Europa im Kopf und die Liga vergessen. Dazu kamen diverse verletzungsbedingte Ausfälle wie von Cardoso, der effektiv nur einen Monat des Jahres zur Verfügung stand, wie von Kovac (fehlte zum Jahresende hin) oder Martin Groth. Ein weiterer Grund war Anthony Yeboah. Der Ghanaer fand nie zu seiner Form, was vor allem daran lag, daß er in einen Prozeß wegen Steuerhinterziehung verwickelt war. Er kam mit einer Strafe von 360.000 Mark davon, die Drahtzieher aus seiner Frankfurter Zeit bekamen teils Haftstrafen. Dieser Prozeß, der sich über ein halbes Jahr hinzog und ihn von Training und befreitem Spiel abhielt, leiß ihn nie auf die Füße kommen. Zwar setzte ihn Pagelsdorf immer wieder ein, aber bis auf zwei Tore spielte er meist schwach. Durch Cardosos Fehlen fehlte ein Spielmacher, und man mußte erkennen, daß Barbarez kein solcher Typ war. Hinzu kamen diverse Kapriolen mit den Medien. Da beschwerten sich Ketelaer und Hertzsch öffentlich darüber, daß sie auf der Bank saßen, während es anderen Spielern noch schlimmer ging. Ronald Maul oder Marek Heinz hatten sich beide auch mehr ausgerechnet, beschwerten sich aber nie. Marcel Ketelaer nahm sich hingegen gar heraus, den Trainer zu kritisieren. Beim 1860-Spiel hatte Pagelsdorf den Ex-Gladbacher nach 29 Minuten vom Platz genommen, nachdem er nicht nur jeden Zweikampf verloren hatte, sondern schlicht aus dem Weg gegangen war. Ketelaer sah Redebedarf, forderte mit der Hochnäsigkeit seiner 5-Millionen-Ablöse ein Gespräch. Das sollte sich fortsetzen. Wenn der HSV gewinnt, hat der HSV nach Meinung der Hamburger Boulevardpresse (nur ein hübscheres Wort für die eigentlich treffende Bezeichnung: "Revolverblätter") eine Klassemannschaft. Geht es abwärts, dann rauscht es im Blätterwald, dann werden Wechselabsichten unterstellt oder Arbeitsverweigerung, Illoyalitäten undsoweiter. Denn bringt man Unruhe rein, schafft das noch mehr Unruhe, und das bringt Schlagzeilen - wie bei dem angeblichen Video, mit dem Frank Pagelsdorf Ingo Hertzsch 16 der 34 Gegentreffer angelastet haben soll... Es fehlte nur, daß der HSV seinen Spielern generell einen Maulkorb verpaßt hätte. Dies allerdings traf nur auf einige ausgewählte Journalisten zu. So sagte Ingo Hertzsch auf seiner Homepage, er wolle sich nach Vertragsende 2003 verändern. Die Zeitung machte daraus: "Hertzsch will weg!" Psychologie spielte eine große Rolle im Abwärtssog. Öffentlich motzende Spieler, ständige Umstellungen, das Aus in den Europapokalen, Transfergerüchte, und dazu kamen dann die verlorenen Punkte. Die Liste der unglücklich verlorenen Punkte ist lang. Sie enthält das 2:2 gegen 1860, das 2:3 gegen Dotmund, das 4:4 in Wolfsburg, 3:3 in Stuttgart, 1:2 in Unterhaching, 0:1 in Rostock, 1:2 in Kaiserslautern, 1:2 bei Bayern. Nur zwei der neun Niederlagen zu diesem Zeitpunkt waren verdient gewesen - in Berlin und bei 1860. Ansonsten wurden leichtfertig 15 Punkte verschenkt. Damit wäre man mit zwei Punkten Vorsprung Tabellenführer gewesen! 

In der Rückrunde sollte alles besser werden. 30 Punkte aus 16 Spielen, um doch noch in den UEFA-Cup zu kommen. Das war die Vorgabe. Sie wurde nicht erreicht. Zu Rückrundenbeginn gab es gleich den nächsten Nackenschlag. Gegen Hertha gab es trotz 1:0-Führung eine 1:2-Pleite. Schiri Fandel schickte zudem Rodolfo Cardoso wegen groben Foulspiels vom Platz. Frank Pagelsdorf hatte vor der Abwerschwäche kapituliert, auf defensiveres 3-5-2 umgeschaltet - ohne Erfolg. Auch in Bremen wurde verloren. Der HSV spielte mal wieder gut, machte aber die Tore nicht - Werder machte es schlicht besser. Und schon war's passiert: punktgleich mit einem Abstiegsplatz. Nur weil der HSV eine bessere Tordifferenz aufweisen konnte, blieb Platz 14. Also, der nächste Schwur, es würde besser werden, und das Signal sollte ein Sieg gegen Schlußlicht Bochum sein. Es wurde ein 3:0, und Tony Yeboah traf wieder! Was gegen Bochum klappte, ging in Dortmund furchtbar schief. 2:4 ging der HSV beim mit Tomáš Rosicky verstärkten BVB unter, und Rosicky hatte massiven Anteil daran. Immerhin gelang Erik Meijer sein erstes Tor im HSV-Dreß - und Fukal machte sein erstes Eigentor. So nah liegen Glück und Unglück beieinander. Ausgerechnet am nächsten Spieltag kam Angstgegner Wolfsburg. Warum sollte der HSV gegen Wolfsburg siegen, erstmals in der Bundesliga-Geschichte? Es gab eigentlich keinen Grund. Und doch: es geschah! Meijer, Barbarez und Mahdavikia trafen. In den letzten 20 Minuten mußte der HSV zittern und das 3:2, aber er hielt es. Ein wichtiger Sieg. Spielerisch sah das teilweise gut aus, das Mahdavikia-Tor resultierte aus einem wunderbaren Konter. Es schien endlich das Startsignal zu sein, denn in der Woche drauf beendete der HSV vorerst durch ein spätes Meijer-Tor unvermutet die Schalker Jagd auf die Bayern. Ein 1:0-Auswärtssieg bei den starken Gelsenkirchenern - wer hätte das gedacht? Daß es spürbar aufwärts ging, merkte man auch gegen Stuttgart. Nach frühem Rückstand fightete sich das Team ein 2:1 heraus, aber fing wieder ein spätes Gegentor zum 2:2. Die Zeit der Unentschieden war gekommen. 1:1 in Frankfurt (wieder durch eigene Blödheit nicht gewonnen), 1:1 gegen Unterhaching (drei Minuten nach der Führung der Ausgleich), 0:0 in Freiburg, 1:1 gegen Köln (nach Rückstand erkämpft), 1:1 in Leverkusen (wieder durch Abwehr-Unordnung kurz vor der Pause). Sechs Unentschieden in Folge, Vereinsrekord! Man konnte aber sagen: wenigstens nicht verloren, und die Abwehr kassierte in den acht Spielen seit der Dortmund-Pleite nur acht Gegentreffer. Man durfte endlich wieder einen Sieg erwarten, und das tat man ständig. Gegen Rostock war es soweit. Wieder ein Spiel für die Moral. Da war die frühe Führung durch Salou, da war das kämpferische Anrennen mit vielen, vielen Chancen. Da war das Supertor des neuen Spielmachers Heinz kurz nach der Pause, und da war das goldene Tor in der Nachspielzeit, das alle Dämme brechen ließ. Pagelsdorf hatte mutig gewechselt, Bester, Yilmaz und Fukal für Hollerbach, Tøfting und Präger gebracht. Es zahlte sich aus: Nach Mahdavikias Ecke kratzte Lantz den Hoogma-Kopfball von der Linie, aber Bester nickte ein. Ohrenbetäubender Jubel über das 5. Bundesligator des HSV-Journalisten. Die Serie hielt - neun Spiele unbesiegt. Und auch im zehnten gab es keine Pleite, obwohl Schiri Krug alles dafür tat: nach einem Kopfstoß von Schjønberg schickte er Barbarez vom Feld, zeigte dem Lauteter nicht mal gelb. Trotzdem machte ein wütender HSV durch Präger das 1:0. Nur leider hätte nach 82 Minuten Schluß sein müssen, denn bei schwindenden Kräften gelang dem Lauterer Adzic ein Glücksschuß zum unverdienten Ausgleich. Trotzdem hatte der HSV, mittlerweile auf Platz 13 gefestigt, nur noch theoretsiche Chancen auf eine UI-Cup-Teilnahme. Die Saison war durch, und so fiel das 2:4-Debakel in Cottbus auch kaum ins Gewicht. Viel wichtiger war dann das letzte Saisonspiel gegen Bayern. Und da zeigte die Mannschaft, daß sie durchaus Gesicht hat. Sie bot den Bayern Paroli und machte Schalke für vier Minuten zum Meister, als Sergej Barbarez in der Schlußminute Oliver Kahn überwand. Aber durch einen zu unrecht wegen angeblichen Rückspiels gepfiffenen indirekten Freistoß im Strafraum, den Patrik Andersson in die Maschen donnerte, wurde Bayern doch noch Meister. Zumindest blieb dem HSV seine Heimserie erhalten: das Hertha-Spiel am 28.1. war die letzte Heimniederlage. Es folgten drei Siege und fünf Unentschieden. Und Sergej Barbarez wurde zusammen mit dem Schalker Ebbe Sand Torschützenkönig, der erste des HSV seit Horst Hrubesch. 

Die Ziele der Rückrunde wurden nicht erreicht. Nur zwanzig statt dreißig Punkten aus den letzten sechzehn Spielen, nicht einmal der UI-Cup wurde erreicht - es fehlten drei Punkte. Aber die verschenkten Spiele wiegen viel schlimmer. In der Rückrunde wurde nur in drei Spielen verdient verloren: in Bremen, in Dortmund, in Cottbus - bezeichnenderweise alles Auswärtsspiele. An unglücklich vergebenen Punkten stehen in der Runde 2001 dann doch satte siebzehn. Mit diesen wäre der HSV sogar in der Champions League-Qualifikation gelandet - und nur fünf Punkte hinter Meister Bayern. Zählt man nun auch noch die Punkte hinzu, die in der Hinrunde verschenkt wurden, ergibt das eine Fabel-Punktzahl von 73 Punkten. Meister Bayern München wäre um zehn Punkte deklassiert worden! Aber so ist eben Fußball. Alles und Nichts liegen nah beieinander. Hatte der HSV in der letzten Saison das nötige Glück, so fehlte es ihm in dieser Saison in gleichem Maße. Und das ist wohl das, was wirklich fehlte, was wirklich anders war als in der Vorsaison... 

Gewinner und Verlierer der Saison 2000/2001 

Gewinner :
Jacek Dembinski Fand im März endlich einen Verein, der ihn aufnahm. 

Marek Heinz Nach verspieltem Start fand er sich immer besser zurecht, wenn auch mit Problemen im linken Außensturm. Doch seine Dribblings machten ihn zum Publikumsliebling. Wenn er gut drauf ist, zaubert er jeden Brasilianer an die Wand. Seit er im offensiven Mittelfeld den Cardoso-Vertreter spielt, ist er noch effektiver. Klar, was zu verbessern gibt es immer, aber man sieht, daß er sich in der Rolle immer wohler fühlt. Und Rodolfo Cardoso langsam vergessen läßt... 

Stig Tøfting Seine Rückkehr zum HSV war die beste Entscheidung seines Fußballerlebens. Anstatt mit Duisburg in der zweiten Liga zu versauern oder in Dänemark wenig gefordert zu werden, ist er nun Stammkraft und Vorbild. Er ist kein Rastelli, aber das erwartet auch keiner. Durch sein zweites Engagement beim HSV wurde er wieder Stammspieler in der Nationalelf. 

Sergej Barbarez Die Bank im Westfalenstadion war sein wöchentlicher Platz. Dann der Wechsel zum HSV. Und der lohnte sich. Schnell wurde er Stammspieler und sorgte dafür, daß Matthias Sammer sich wohl in den Hintern biß. Zweiundzwanzig Tore (Torschützenkönig der Liga) - und damit genau drei Tore mehr als in seiner gesamten Bundesliga-Karriere - schoß er in einunddreißig HSV-Einsätzen. Frank Pagelsdorf hielt ihn vorher für den torgefährlichsten offensiven Mittelfeldspieler der Liga - er hatte recht, wie so oft. Zwar möchte er gern nach England, aber wenn der HSV sein okay niht gibt, will er keine Probleme machen.
(Anm.: An gleicher Stelle steht im Rückblick 1999/2000 ein Text über Niko Kovac. Die Vorlage mußte nur geringfügig geändert werden - Westfalenstadion statt BayArena, Sammer statt Daum, zweiundzwanzig statt acht Toren, offensiv statt defensiv... Diese Parallelen sind schon seltsam!) 

Mehdi Mahdavikia Seit dem 4:4 gegen Juve, bei dem er an allen HSV-Toren beteiligt war, wird er gejagt. Sein Leihvertrag wäre 2002 ausgelaufen, doch der Iraner fühlt sich wohl und verlängerte. Gut für den HSV: er ist mit acht Vorlagen und fünf Toren zweitbester Scorer der Mannschaft - nach Barbarez. 

Bernd Hollerbach Es kam ein Nationalspieler namens Maul - und nahm auf der Tribüne platz. An Hollerbach führt kein Weg vorbei. Vorbildlicher Einsatz, aggressives Zweikampfverhalten - er ist ein Chef im Team ohne offizielles Amt. Aber wer wirklich ein Würdenträger ist, der muß niht erst dazu ernannt werden... 

Marinus Bester Die Story ist kurz erzählt: 1.) Er liebt den HSV. 2.) Das Angebot als Standby-Profi und Führungsperson bei den Amateuren konnte er deshalb kaum ausschlagen. 3.) Elfmal wurde er in der Bundesliga eingesetzt, davon achtmal als Joker - er traf zweimal und setzte somit seine Serie fort, nur im HSV-Trikot in der Bundesliga zu treffen, immerhin insgesamt fünfmal. 4.) Sein zweiter Treffer in der Schlußminute gegen Rostock machte ihn zum Helden, weil er damit den Klassenerhalt besiegelte. 5.) Marinus Bester ist HSV pur. 

Tomáš Ujfaluši Er wurde entdeckt, als der HSV seinen Teamkollegen Heinz beobachtete. Seit seiner Verpflichtung war er in jedem Spiel dabei, wurde als HSVer zum A-Nationalspieler. Auch die Abwehr funktioniert mit ihm deutlich besser - nimmt man mal das Cottbus-Spiel heraus. Für Ingo Hertzsch ist seit seiner Verpflichtung kein Platz mehr... 
Der_HSV Champions League erreicht, Juve geschlagen, international gut verkauft. Auch wenn es in der Bundesliga nicht hinhaute - die Fans standen zum HSV, gerade in der schwersten Zeit. Mit 43.331 Zuschauern im Schnitt wurde der Vereinsrekord der Vorsaison noch übertroffen, und das erst in den letzten Spielen, wo sogar gegen Rostock fast ausverkauft war. Kann so ein Verein ein Verlierer sein? 

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Verlierer 
Hans-Jörg Butt Zwei Fehler machten ihn zum Sündenbock für eine ganze Saison. Die Verdienste in den vier Jahren gerieten bei vielen in Vergessenheit. Schade. Aber was für Stig Tøfting und Jörg Albertz gilt, gilt auch für ihn: die Tür für die Rückkehr steht wohl immer offen, zumindest bei Verein und Trainer... Ob er allerdings zurückkommen würde, ist fraglich, wurde er doch im letzten Saisonspiel gegen Bayern mit Schimpf und Schande verabschiedet... 

Ingo Hertzsch Lange Stammspieler, dann äußerte er seine Unzufriedenheit öffentlich. Ein Fehler, der plötzlich war er draußen. Er muß sich berappeln. Leverkusen will ihn, der HSV läßt ihn auf keinen Fall gehen. Es droht Dauerreservistendasein... 

Thomas Doll Dauerverletzt, konnte seinen Traum von einem Tor im Volkspark nicht mehr verwirklichen. Aber er geht in die Jugendarbeit des HSV ein. Wenn schon nicht Meister mit dem HSV, dann vielleicht Jugendmeister? 

Vahid Hashemian Genau achtzehn Minuten beendeten sein Engagement beim HSV endgültig: in Dortmund eingewechselt, und übermotiviert rot gesehen. Saisonnote 6,0 wird ihn in der Spielerhistorie brandmarken. 
Anthony_Yeboah Erst der steuerprozeß, jetzt ein Fersensporn. Er kommt nicht auf die Beine. Er hofft auf's nächste Jahr - und wir Fans auch... 

Ronald Maul Nie ein Ersatz für Hollerbach, und wenn er spielte, dann meist schwach. Einer der Mega-Verlierer. 

Rodolfo Cardoso Selten gesund, dann schwach. Wird jetzt durch Marek Heinz prima ersetzt. Es gibt Geschichten, die sich einfach wiederholen. Geht er wieder ein Jahr nach Argentinien? 

Marcel Ketelaer Kaum war er der teuerste Transfer der Vereinsgeschichte, wurde er in den Himmel gehoben - ohne überhaupt für den HSV gespielt zu haben. Als er seinen Stammposten verlor, heulte er sich bei den Medien aus - und bezog Rüffel von Frank Pagelsdorf. Den kredit hatte er schnell verspielt, nur eine Verletzung rettete ihn vor weiterem Ärger mit Pagel. Wieder ein Talent Marke Ernst, der sich für einen Weltstar hält, weil es ihm alle Welt einredet... 

Karsten Bäron Es ging nicht mehr. Im Winter war er des ständigen Kampfes überdrüssig, nachdem er auch den Prozeß gegen die Genossenschaft verloren hatte. Er hörte auf, auch wenn es schmerzte. Den Fans wird er fehlen, aber wer sich die Jugendspiele ansieht, wird ihm unweigerlich begegnen: er coacht die B-Junioren. Und das ist gut so - für den absoluten Ruhestand ist selbst ein kniegeschädigter Bäron zu schade, kann er den Youngstern doch soviel mitgeben... 

Christoph Babatz Einer der unterschätzten Spieler. Er bekam viel zu wenig Spielpraxis und durfte dann ablösefrei nach mainz. Dort zeigt er seine Stärken: drei Tore netzte er seit seinem Wechsel, und seine Spiele waren in Ordnung. 

Milan Fukal 5,75 Millionen Mark ließ sich der HSV ihn kosten. Am Anfang lief es recht gut, doch bei der Nationalelf verletzte er sich und verlor den Anschluß an die Mannschaft. Die Integration kam ins Stocken. Hoffen auf 2001/2002...