Bundesliga 2001/2002, 32. Spieltag, Freitag, 19.04.02, 20:00 Uhr in der Hamburger AOL Arena bei Nieselregen und Temperaturen von ca. 10 Grad C

FC St. Pauli - Hamburger SV 0:4 (0:2)

Ich habe das Derby ja nie wirklich als sooo aufgeladen empfunden wie viele andere HSVer. Ganz früher fand ich Pauli ja auch mal sympathisch. Das läßt dann so mit der Zeit als HSV-Fan wohl schon zwangsweise nach, weil man immer von allen Seiten zu hören bekommt, daß St. Pauli ja sowieso der beste Verein in Hamburg ist und so´n bla bla.

Trotzdem war und bin ich sehr weit von Feindseeligkeit entfernt. Es war aber dennoch diesmal schon etwas anders für mich als früher, denn ich arbeite ja inzwischen auch in Hamburg. Und da wurde während der letzten Tage schon mehr über das Derby gesprochen als es für mich früher der Fall war. Dazu kommt, daß mein Chef es mit St.Pauli hält und ich mir diese Schmach wohl auch nicht antun wollte. Ich kann viele Hamburger nun also zumindest etwas besser verstehen. 

Und dann hat ja der Paulianer Meggle in der Woche auch gut zugeschlagen in den Medien. Sätze wie „Wir werden HSV lächerlich machen in Hamburg“ oder „Wir schlagen den HSV überall, auch auf dem Mond“ sind natürlich sehr dazu angetan, die Stimmung nur weiter aufzuheizen.

Da ich nun auch erstmals direkt von der Arbeit zum Stadion fahren konnte, war ich auch sehr früh anwesend und konnte mich diesmal auch gut plazieren, um viele schöne Fotos zu machen im Stadion. Sowohl von Pauli- als auch von HSV-Seiten wurde ja tolle Choreographien angekündigt. Und da haben beide auch nicht zu viel versprochen!

Kurz vor Spielbeginn erreichte die Stimmung eigentlich schon Ihren Höhepunkt. Wirklich tolle Chroeographien von Pauli und dem HSV. Beim HSV auf jeden Fall die beste Choreo, die ich bisher gesehen habe. Das sah schon gigantisch aus. Und dann dazu die Stimmung im ganzen Stadion. Ich muß ehrlich zugeben: So wenig Mitleid ich mit Paulis Abstieg habe, so finde ich so ein Derby doch sehr reizvoll. Allerdings provoziert es neben guter Stimmung ja auch immer reichlich Idioten, ihr Unwesen zu treiben.

Nun aber zum Spiel, daß ich in der 1. Viertelstunde von unterschiedlichen Plätzen betrachtete, weil ich vor Spielbeginn über den Presseplätzen in Block 5 B stand und dann bei jeder Spielunterbrechung einen Eingang weiter ging. So richtig viel Berauschendes passierte ja auch nicht zu Anfang. Als ich schließlich hinter Block 24 A angekommen war, passierte aber die wohl spielentscheidende Szene. Albertz grätschte im Strafraum gegen Incemann und Schiri Merk zeigte auf den Elferpunkt. Es meinte eigentlich fast alle im Stadion, daß dieser Elfer korrekt gewesen sei. ICH stand aber zu dem Zeitpunkt doch recht gut dazu und glaubte, daß Albertz den Paulianer gar nicht berührt hat. Auch die TV-Bilder von Sat1 konnten da keinen richtigen Aufschluß bringen, da man es von der Führungskamera aus nicht sehen konnte und bei der Hintertor-Kamera der Pfosten dazwischen war. 

Jedenfalls marschierte ich nach dem Pfiff weiter zum meinem „Endpunkt“ für die erste Halbzeit – hin den Block 21 A, also auf Torlinienhöhe. Eigentlich ging ich langsam und dachte, daß es ja auch egal sei, denn so müßte ich ja nicht die Pauli-Führung sehen. Aber auch den letzten Schritten dachte ich mir: Beeile Dich doch etwas, denn wenn Piecke ihn hält, möchtest Du das ja auch sehen. Und ich beeilte mich und wir hatten alle Riesenglück. Piecke hielt diesen Elfer und bewahrte uns vor dem Rückstand.

Das hatte die Paulianer offenbar auch getroffen. Wenige Minuten später gab es einen Rückpaß zu Pieckenhagen, der diesen Ball sehr weit bis an den gegnerischen Strafraum schlug. Romeo legte ab auf Meijer, Meijer mit schönem Heber auf den in den Strafraum laufenden Romeo. Kopfball. 0:1. Sooooo einfach, soooo gut. Das war unsere erste richtige Chance und gleich war die Murmel drin. Schön, daß es endlich mal wieder Romeo geschafft hat.

Danach hatte aber auch Pauli erstmal wieder die besseren Chancen, womit ich nicht sagen möchte, daß es in der 1. Halbzeit hoch her ging. Es war ein eher chancenarmes Spiel zu diesem Zeitpunkt. Pauli hatte aber 2 mal beste Möglichkeiten, den Ausgleich herzustellen. Zunächst war es ein Freistoß von Rahn, der weit über alle Spieler hingweg geschlagen wurde und rechts neben dem Tor in Richtung Aus ging. Ein St. Paulianer lief aber hin und köpfte ihn zurück in den 5m-Raum, wo ihn ein anderer reinköpfte. Der Linienrichter hob die Fahne und es wurde ohne größere Proteste abgepfiffen. Da ich nun aber recht genau auf der Linie stand, möchte ich doch stark bezweifeln, daß dieser Ball wirklich im Aus war. Ein Pauli-Anhänger neben mir flippte jedenfalls ganz schön aus, was mich dann doch innerlich lächeln ließ ;-)
Und dann hatte Rahn, der nächste Saison zum HSV kommt, höchstpersönlich noch die Chance, für den Ausgleich zu sorgen. Nach einem Doppelpaß stand er frei vor Piecke – doch der hielt erneut ganz stark mit einer Fußabwehr.

Und spätestens jetzt hatte Pauli wohl sämtliches Pulver verballert. Genau zum richtigen und demoralisierenden Moment, schoß der HSV das 0:2. Direkt vor dem Halbzeitpfiff führten wir eine Ecke kurz auf Groth aus, der zum 16er lief und von halblinks abzog. Ein Gegner drehte sich ein wenig in den Schuß und fälsche ihn unhaltbar zum 0:2 ab. 

Das war gewiß deprimierend für St. Pauli. Den endgültigen „Todesstoß“ gab es dann zum nächsten, besten Zeitpunkt, den man erwischen kann: Sofort nach der Pause erzielte der HSV das 3:0. Nach einer Ecke und Kopfballverlängerung von Meijer, köpfte Hoogma den Ball in die Maschen. Wow, das dürfte es nun aber endgültig gewesen sein. Und das war es auch. War St. Pauli vorher schon wirklich nicht gut, so waren Sie jetzt bestenfalls noch anwesend auf dem Platz. So konnte sich auch Albertz allein gegen 2 Paulianer ganz locker im Strafraum durchsetzen, ÜBERLIEF einen und flankte butterweich auf den im 5m-Raum MUTTERSELLEN-ALLEINstehenden Romeo, der sich mit seinem 2. Kopfball in diesem Spiel zum 0:4 bedankte.
Der HSV hatte noch genügend Torchancen (zumeist durch Konter), in denen (zumeist Romeo) das 5. oder 6. Tor hätte erzielen können (oder sogar müssen!), aber das war ja nicht mehr wirklich wichtig.
Diesmal gab es auch kein großes Aufbäumen von Pauli und ich war auch ein wenig davon „enttäuscht“, wie Pauli spielte. Das sie nicht so dolle im Fußball-Spielen sind, ist ja bekannt. Es war aber auch nichts von dem unbedingten Kampfwillen zu spüren, den diese Truppe ansonsten angeblich auszeichnet.

Für St. Pauli wird es wohl erstmal wieder das letzte Spiel im ungeliebten Stadion des Gegners gewesen sein. Der Abstieg ist nun wohl spätestens unabwendbar.

Der HSV konnte nach den überzeugenden Leistungen gegen Bayern und Leverkusen mit einer wirklich nicht überragenden Leistung, aber eben einem deutlichen 4:0-Sieg seine Fans weiter versöhnen für die beschissene Saison. 

Nun hoffe ich noch sehr auf einen Heimsieg gegen den BVB, mit dem wir Leverkusen zum Meister machen. Dann ist das Saisonende auch für mich versöhnlich.

Ein letztes muß ich noch zu diesem Abend sagen: Als ich so da unten hinter Rang 21 A und später 19 A stand und ins Stadion schaute, mußte ich mal wieder feststellen, daß wir schon wirklich ein saugeiles Stadion haben. Gerade von unten sieht es wirklich gigantisch aus. Die blauen Leuchten, die von AOL unter der Decke installiert wurden, passen auch perfekt. Für mich gibt es kein schöneres Stadion in der Bundesliga!!!
Ich würde mich nur freuen, wenn ich ähnliches auch über uns Zuschauer und die Stimmung sagen könnte. Wenn es insgesamt natürlich auch eine tolle Athmosphäre war bei diesem Spiel, so fand ich den Support von uns HSVern trotzdem wieder dürftig. Dafür, daß wir nach dem Elfer auf der Siegerstraße waren, war es mir viel zu ruhig in der Nordtribüne. Trotzdem ein geiler Abend. Und nun kann man am Montag auch ganz beruhigt zur Arbeit gehen.

Meine Spielerbewertung:

Pieckenhagen: Suuuper! Der eigentlich Matchwinner, weil er den Rückstand und den Ausgleich verhinderte: Note 1

Hertzsch: Pauli griff nur selten konzentriert an. Da konnte sich die Abwehr nicht so sehr auszeichnen: Note 3

Hoogma: s. Hertzsch. Schön, daß er mal wieder getroffen hat. Note 3

Hollerbach: Ging wie gewohnt aggressiv zur Sache. Für den ist ein Derby wohl auch wirklich etwas besonderes; zumal er auch schon mal bei Pauli gespielt hat: Note 3+

Groth: wurde hinten nicht gerfordert und viel nach vorne kaum auf. Trotzdem natürlich schön, daß er nach so langer Zeit mal wieder traf: Note 3

Albertz: Mit einigen guten Szenen. Verschuldete aber auch den Elfer. Selbst, wenn er ihn nicht berührt hat, war es dumm, sich da so hinzulegen. Denn den Ball hat er auf jeden Fall auch nicht getroffen: Note 3+

Cardoso: Wurde zur Halbzeit ausgewechselt. Ich weiß nicht, ob es an seiner Platzwunde lag. Ich fand ich aber auch recht blaß in HZ1. Note 3-

Ujfalusi: konzentrierte Leistung. Zeigte einige Male, daß er schon einfädeln kann ;-)  Note 3

Antar: fiel heute nicht sehr auf. Note 3-

Meijer: sehr gutes, vor allem mannschaftsdienliches Spiel. Legte zwei Treffer auf und bewies, daß er wichtig ist für die Truppe. Gut, Erich! Note 2

Romeo: Endlich hat er mal wieder getroffen. Das wird ihm hoffentlich das Selbstvertrauen auffrischen. Hätte aber trotzdem noch mindestens 1 mal treffen MÜSSEN. Steht aber wirklich immer da, wo es brennt: Note 2

Schiri Merk: zeigte sehr schnell gelbe Karten, um keine Härten wie im Hinspiel aufkommen zu lassen. Das ist ihm gelungen. Ich denke, daß es ein eher leicht zu leitendes Spiel war. Ist auf einige HSV-Schwalben reingefallen. Aber das war auch schwer zu sehen: Note 2

Tabelle des Spieltages

Mailt mir auch Euren Kommentar.
Ich pinne ihn dann hier unten dran und Ihr könnt noch in Jahren lesen, was Euch einstmals bewegte.



 
Sport1 meldet: 

TORE 
0:1 Bernardo Romeo (18.)
0:2 Martin Groth (45.)
0:3 Nico Jan Hoogma (49.)
0:4 Bernardo Romeo (58.)

GELBE KARTEN 
FC St. Pauli:
Daniel Scheinhardt (26.) 
Ugur Inceman (38.) 
Nico Patschinski (42.) 
Dubravko Kolinger (79.) 

Hamburger SV:
Jörg Albertz (16.)
Bernd Hollerbach (29.)
Collin Benjamin (71.)

SCHIEDSRICHTER :  Dr. Markus Merk 
ZUSCHAUER :  54,130 
DATUM :  19.04.02   20:00 Uhr 

AUFSTELLUNG 
FC St. Pauli: Simon Henzler, Holger Stanislawski, Daniel Scheinhardt, Dubravko Kolinger, Andre Trulsen, Christian Rahn, Nico Patschinski, Henning Bürger, Thomas Meggle, Ugur Inceman, Oliver Held

Hamburger SV: Martin Pieckenhagen, Nico Jan Hoogma, Tomas Ujfalusi, Martin Groth, Ingo Hertzsch, Jörg Albertz, Bernardo Romeo, Roda Antar, Bernd Hollerbach, Rodolfo E. Cardoso, Erik Meijer

WECHSEL 
FC St. Pauli:
Marcel Rath für Andre Trulsen (46.)
Matias Cenci für Ugur Inceman (58.)
Alexander Meier für Matias Cenci (77.)

Hamburger SV
Milan Fukal für Rodolfo E. Cardoso (46.)
Collin Benjamin für Roda Antar (67.)
Marcel Maltritz für Jörg Albertz (81.)
 

St. Pauli unterliegt dem HSV und ist kaum noch zu retten 
"Das war es wohl. Nach dieser Niederlage sind wir wohl abgestiegen. Jetzt wollen wir uns anständig aus der Bundesliga verabschieden", kommentierte St. Paulis Trainer Dietmar Demuth die 0:4-Pleite seines Teams gegen den Hamburger SV. Nur ein Wunder könnte die "Kiez-Kicker" noch retten. Bei sechs Punkten Rückstand und noch zwei verbleibenden Spielen ist der Abstieg kaum noch zu vermeiden. 

Demuth: "Es ist ganz bitter"
Die Hanseaten kassierten die 18. Saisonniederlage und verbuchten in dieser Spielzeit vor heimischem Publikum nur 16 Punkte. Zum sechsten Mal kassierten die St. Paulianer vier oder mehr Gegentore. Zwei Spieltage vor Saisonende sind vier Siege aller Voraussicht nach einfach zu wenig, um die Klasse zu halten.
"Wir sind realistisch. Wenn man so ein Ergebnis erzielt, dann muss man den Abstieg ins Auge fassen. Trotzdem: Wenn man die ganzen Spiele Revue passieren lässt, wäre es sicherlich möglich gewesen, in der Bundesliga zu bleiben. Es ist ganz bitter", sagte ein niedergeschlagener Demuth.

Meggle am Boden zerstört
Die Schlüsselsituation des Spiels und gleichzeitig der Knackpunkt war ein Elfmeter für St. Pauli in der zwölften Minute. Thomas Meggle trat an, scheiterte aber an HSV-Keeper Martin Pieckenhagen und erntete aufgrund der harten Worte Richtung HSV vor dem Spiel nur Hohn und Spott der Hamburger Fans.
Der Unglücksrabe fand kaum Worte für sein Missgeschick: "Das war der Knackpunkt in diesem Spiel. Sie können sich nicht vorstellen, was emotional in einem vorgeht, wenn man so einen entscheidenden Elfmeter verschießt und sich jetzt Vorwürfe machen muss. Es ist ein Gefühl der Leere und Enttäuschung."

Romeo erzielt ersten Bundesliga-Doppelpack
Diese Situation rüttelte den HSV, der in der Anfangsphase wie gelähmt wirkte, wach. Vor 54.130 Zuschauern in der AOL-Arena nutzte Romeo (18.) eine Unaufmerksamkeit in St. Paulis Hintermannschaft und brachte sein Team in Führung. Martin Groth (45.) erhöht mit dem Halbzeitpfiff auf 2:0.
Nach dem Wechsel zerstörte Jan Nico Hoogma (49.) mit seinem Treffer zum 3:0 alle St. Pauli-Hoffnungen auf den Klassenerhalt. Romeo sorgte mit seinem zweiten Treffer (58.) für den Endstand. Der Argentinier erzielte nach sieben erfolglosen Spielen seinen ersten Bundesliga-Doppelpack.

HSV mit Klasse-Serie
"In den ersten 13 Minuten haben wir das Spiel verschlafen. Erst durch den Elfmeter für St. Pauli wurden wir geweckt. Im weiteren Verlauf des Spiels hatten wir sehr viele gute Torchancen, so dass der Sieg in Ordnung ging", sagte HSV-Trainer Kurt Jara freudestrahlend über den Sieg.
Der HSV blieb in der AOL-Arena im "Auswärtsspiel" gegen St. Pauli bei sechs Siegen und fünf Remis zum elften Mal ungeschlagen und wird im Bundesliga-Endspurt immer stärker. Am nächsten Spieltag steht Borussia Dortmund bei den Hanseaten auf dem Prüfstand. Und St. Pauli verabschiedet sich bei Werder Bremen wohl aus der Bundesliga.

Fakten:
Ganz unten
Nach jetzt sechs Spielen ohne Sieg bleibt die Rote Laterne am Millerntor – holt Nürnberg noch einen Punkt, ist St. Pauli abgestiegen. 

Keine Chance dem Nachbarn
Auch im 13. Derby in Folge blieb der HSV ohne Niederlage (acht Siege, fünf Remis). Nur das erste Derby 1977 ging verloren. 

Stadionwechsel nützte nichts
St. Pauli verlor zum achten Mal und damit am häufigsten ein Heimspiel. 

Kopfballungeheuer
Drei Kopfballtore gelangen dem HSV im Derby. Das gab es in einem Spiel für den HSV zuletzt am 02.11.97 beim 3:0-Sieg in Bielefeld. 

Schlaglichter:
Im 16er gefährlicher
Von Beginn an zeigte der HSV dem kleinen Nachbarn vom Millerntor, wer der Herr im Haus ist. Mit leichten Vorteilen in Ballbesitz (51 Prozent) und Zweikampf (52 Prozent gewonnen) erspielte sich der HSV auch mehr Torschüsse (18) als St. Pauli (14). Besonders deutlich wurde der Unterschied im gegnerischen Strafraum. Dort kam der HSV doppelt so häufig zum Abschluss (zwölfmal) wie der Kontrahent (sechsmal). 

Romeo meldete sich zurück
Mit seinem ersten Doppelpack in der Bundesliga weckte Romeo nach sieben torlosen Spielen verloren geglaubte Torjägerqualitäten wieder zum Leben. Und zwar im Stile eines echten Torjägers: Mit den wenigsten Ballkontakten aller Spieler (28) kam er zu vier Torschüssen, von denen er die Hälfte verwertete. 

Patschinski allein im falschen Haus
Vor allem einer versuchte, dem HSV Paroli zu bieten. Fünf Torschüsse gab Nico Patschinski ab – die meisten aller Akteure. Allerdings vergab er selbst beste Chancen - fehlte die Kraft, weil er sich lange als einzige Spitze mühte? 

Mannschaftsdienlicher Meijer
Seine Torvorlagen Nr. Acht und Neun gab Erik Meijer im Derby und ist damit weiter bester Vorbereiter des HSV. Gegen St. Pauli avancierte er einmal mehr zum heimlichen Spielmacher, gab Meijer doch die meisten Torschussvorlagen (vier wie Jörg Albertz) aller Akteure. 

Der HSV darf sich freuen...
...und zwar auf Neuzugang Christian Rahn: Der Linksfuß gab alles, war mit den meisten Ballkontakten (73) aller Spieler sehr agil, gewann gute 60% seiner Zweikämpfe und legte zu drei Torschüssen auf, am häufigsten von allen St. Paulianern. Und dass er seine gute Chance gegen Pieckenhagen vergab, dürfte den HSV auch nicht gestört haben. 

Trainer Dietmar Demuth (St. Pauli):
"Nach dieser Niederlage sind wir wohl abgestiegen. Das war es wohl. Hätten wir den Elfmeter in der 13. Minute verwandelt, hätten wir mehr Sicherheit bekommen und vielleicht eine bessere Leistung geboten. Jetzt wollen wir uns in den verbleibenden Spielen anständig aus der Bundesliga verabschieden." 

Trainer Kurt Jara (Hamburger SV):
"In den ersten 13. Minuten haben wir das Spiel verschlafen. Erst durch den Elfmeter für St. Pauli wurden wir geweckt. Im weiteren Verlauf des Spiels hatten wir sehr viele gute Torchancen, so dass der Sieg in Ordnung ging." 

Topspieler: Romeo (Hamburger SV):
Der Argentinier erziehlte im Dress des HSV seinen ersten Bundesliga-Doppelpack und stellte mit dem Führungstreffer in der 18. Minute die Weichen für sein Team auf Sieg. St. Paulis Abwehr bekam den quirligen Mittelstürmer, der vier Torschüsse abgab, zu keiner Phase des Spiels in den Griff. Dabei agierte Romeo wie ein typischer "Knipser". Er hatte die wenigsten Ballkontakte aller Hamburger, war aber zur Stelle, als es darauf ankam. 
 

Spielwertung: 3 Bälle (von 4)

Kommentar:
Leider verliert die Bundesliga eine Mannschaft der besonderen, unkonventionellen Art. Der Abstieg vom FC St. Pauli ist so gut wie besiegelt. Die "Kiez-Kicker" haben bei sechs Punkten Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz zwar noch eine theoretische Chance auf den Klassenerhalt, mit 33:64 Toren aber die mit Abstand schlechteste Tordifferenz aller Abstiegskandidaten. Gegen den HSV konnte das Team von Trainer Dietmar Demuth lediglich 15 Minuten lang überzeugen. Nach dem Rückstand brachen alle Dämme und in der zweiten Halbzeit fügten sich die "Kiez-Kicker" dann in ihr Schicksal. Hoffentlich sehen wir das Team in der übernächsten Saison im Fußball-Oberhaus wieder.

Der Hamburger SV dagegen wird im Bundesligaendspurt immer stärker. Die Mannschaft von Trainer Kurt Jara blieb in der AOL-Arena im "Auswärtsspiel" gegen St. Pauli bei sechs Siegen und fünf Remis zum elften Mal ungeschlagen und zeigte 75 Minuten lang eine engagierte und spielerisch überzeugende Leistung. Allerdings müssen sich die Hamburger vorwerfen lassen, dass die Elf erst zum Ende der Saison mit solch starken Leistungen aufwartet. Sonst wäre in dieser Spielzeit sicherlich mehr drin gewesen.
Sebastian Palm 

Taktik
FC St. Pauli:
Vor Torhüter Henzler stand mit Trulsen, Stanislawski und Scheinhardt eine Dreierkette. Im Mittelfeld kam Kolinger über die rechte Seite, Rahn über links. Bürger und Incemann sicherten defensiv ab. Meggle und Held agierten hinter Patschinski, den Demuth als einzigen Stürmer aufbot.

Hamburger SV
Pieckenhagen stand im Tor der Gäste. Hoogma spielte zusammen mit Hertzsch und Ujfalusi in der Dreier-Abwehrkette. Auf der linken Seite spielte Hollerbach auf rechts Groth. Antar und Albertz teilten sich die Aufgaben im zentralen Mittelfeld. Offensiv zog Cardoso hinter den Stürmern Romeo und Meijer die Fäden. 


 
kicker meldet: 

Spielbericht 
St. Pauli gegenüber dem 1:2 in Köln mit drei Änderungen: Nach seiner Gelb-Rot-Sperre kehrte Held wieder in die Startelf zurück, für den Gibbs weichen musste. Trulsen ersetzte Kientz in der Abwehr. Des Weiteren lief Kolinger von Beginn an auf, Rath blieb zunächst auf der Bank. Patschinski begann als einzige Spitze. Beim HSV wechselte Kurt Jara seine Elf im Vergleich zum 1:1 gegen Leverkusen auf nur einer Position: Für den Gelb-gesperrten Barbarez spielte Cardoso.

Der FC St. Pauli war sichtlich bemüht, seine letzte Chance im Kampf gegen den Abstieg zu nutzen, begann temporeich, setzte die „Gäste“ in der AOL-Arena unter Druck und hatte die größeren Spielanteile. Dies schien sich nach einer Viertelstunde auszuzahlen, als Inceman im Strafraum von Albertz gefoult wurde. Doch Meggle konnte die Chance nicht nutzen, Pieckenhagen ahnte die Ecke, machte sich lang und wehrte den fälligen Strafstoß ab. Nur wenige Minuten später das etwas überraschende 1:0 für den HSV: Meijer und Romeo zauberten mit einem schönen Doppelpass-Spiel, letzterer köpfte unbedrängt von der Pauli-Abwehr zum 0:1 ein. 

Die Kicker vom Kietz ließen sich vom Gegentreffer aus dem Konzept bringen. Die nächste Viertelstunde spielte fast nur noch der HSV, der immer sicherer wurde und die ohnehin nicht sichere Pauli-Abwehr mehrmals gehörig ins Schwimmen brachte. Erst in der Schlussphase der ersten Halbzeit war ein Aufbäumen beim Tabellenletzten zu erkennen. So hatte Rahn in der 41. Minute den Ausgleich auf dem Fuß, vergab aber freistehend, Pieckenhagen konnte per Fußabwehr klären. Und wie schon nach dem vergebenen Foulelfmeter gab der HSV prompt seine Antwort: Groth wurde bei seinem Solo nicht angegangen und zirkelte den Ball zum 0:2-Halbzeitstand ins Netz.

Es dauerte nach dem Wiederanpfiff keine fünf Minuten, da war die Partie schon gelaufen: Nach einem Eckball verlängerte Meijer auf Hoogma, der völlig alleingelassen per Kopf das 0:3 erzielte. Nachdem Patschinski eine Großchance zum 1:3 kläglich vergab, sah die Pauli-Abwehr erneut fast tatenlos zu, wie Albertz auf Romeo flankte und dieser in der 58. Minute das 0:4 erzielte. 

Nach einer kurzen Ruhephase – der HSV tat nicht mehr als nötig, St. Pauli wirkte verständlicherweise konsterniert – gehörte die Schlussphase der Elf von Trainer Kurt Jara, die bei konzentrierterer Chancenverwertung sogar noch höher hätte gewinnen können.

St. Pauli schien zunächst durchaus willig, doch katastrophale Abwehrfehler brachen der Mannschaft das Genick. Der Klassenerhalt ist damit wohl verspielt und nur noch äußerst theoretischer Natur. Bei einem Punktgewinn von Nürnberg in Schalke am Samstag wäre der Abstieg besiegelt.
 

Höhepunkte des Spiels:
Schlusspfiff
86. Minute: Nach einer Ecke von Groth köpft Fukal links am Tor des FC St. Pauli vorbei.
77. Minute: Benjamin spielt schön auf Romeo, doch Stanislawski geht noch dazwischen.
75. Minute: St. Pauli in Unterzahl: Hollerbach zieht aus 25 Metern ab, doch Henzler kann klären.
67. Minute: Erneut Patschinski: Der Pauli-Angreifer zieht aus der Drehung den Ball über den HSV-Kasten.
66. Minute: Ein Distanzschuss von Patschinski geht knapp am linken Torpfosten vorbei.
65. Minute: Romeo zaubert im Pauli-Strafraum, erneut muss Henzler Schlimmeres verhüten.
61. Minute: Henzler muss herauslaufen und gegen Romeo das 0:5 verhindern.
58. Minute: Albertz spielt mit gleich zwei Abwehrspielern Katz und Maus, flankt auf den alleingelassenen Romeo, der zum 0:4 einköpft.
53. Minute: Rahn mit einem langen, aber präzisen Ball auf Patschinski, der aus kurzer Distanz in die Arme von Pieckenhagen köpft.
50. Minute: War das schon die Entscheidung und das Bundesliga-Aus für St. Pauli? Eine Ecke von rechts durch Groth wird von Meijer auf Hoogma verlängert, der unbedrängt per Kopf das 0:3 erzielt.
Anpfiff 2. Halbzeit
Halbzeit
45. Minute: Erneut nach einer guten Möglichkeit für St. Pauli prompt der Gegentreffer: Groth kann frei schalten und walten, zirkelt schließlich von der Strafraumgrenze den Ball ins Netz.
41. Minute: Rahn vergibt freistehend die bisher beste Chance für seinen Klub: Pieckenhagen kann per Fußabwehr klären.
38. Minute: Pieckenhagen muss einen gefährlich abgefälschten Distanzschuss von Kolinger entschärfen.
36. Minute: St. Pauli scheint den Schock des 0:1 überwunden zu haben, spielt wieder nach vorne, ohne jedoch zu zwingenden Torchancen zu kommen. Der HSV lauert auf Konter.
25. Minute: Ein Querpass von der rechten Außenbahn geht an gleich mehreren St. Pauli-Abwehrspieler vorbei auf Meijer, dessen Schuss Henzler mit einer Glanztat klären kann.
23. Minute: Groth zieht einen Freistoß aus großer Distanz in den Strafraum, Hoogma köpft knapp über den Kasten.
19. Minute: Meijer und Romeo tricksen per Doppelpass die Pauli-Abwehr aus, der gebürtige Argentinier steht plötzlich allein vor Henzler und köpft das Leder zur 1:0-Führung für den HSV ein.
18. Minute: Patschinski versucht es aus der Distanz, doch das Leder geht weit über den Kasten von Pieckenhagen.
13. Minute: Inceman setzt sich durch, wird von Albertz im Strafraum gefoult. Doch Meggle kann den fälligen Strafstoß nicht verwandeln, Pieckenhagen ahnt die Ecke und kann klären.
11. Minute: Scheinhardt leistet sich eine verunglückte Abwehraktion, der Ball fällt Meijer vor der Füße. Der zieht sofort ab, der Ball geht jedoch weit rechts am Tor vorbei.
4. Minute: Rahn mit einem Freistoß aus 25 Metern, Albertz mit einer Unsicherheit, doch Trulsen kommt in aussichtsreicher Position nicht rechtzeitig an den Ball.
Anpfiff


 
dpa meldet: HSV demontiert St. Pauli mit 4:0 

Hamburg (dpa) - Der Hamburger SV hat dem FC St. Pauli im Spiel um die Stadtmeisterschaft eine Lektion erteilt und dem Lokalrivalen den wohl entscheidenden Stoß in die Zweitklassigkeit versetzt. Mit einem überraschend deutlichen 4:0 (2:0) setzte sich der große Hamburger Verein gegen den kleinen Club vom Kiez durch und feierte damit im 128. Derby den 88. Erfolg. 

Bernardo Romeo (18., 58.), Martin Groth (45.) und Nico Jan Hoogma (49.) erzielten vor 55000 Zuschauern in der ausverkauften AOL-Arena die Tore. Bei noch zwei ausstehenden Spieltagen und sechs Punkten Rückstand auf den rettenden 15. Platz bleiben dem Tabellenletzten St. Pauli nur noch theoretische Chancen auf den Klassenverbleib.

«Das Derby ist immer ein Spiel von hohem Prestige-Wert», sagte HSV-Chef Werner Hackmann: «Wer hier verliert, ist der Buh-Mann in der Stadt.» Der HSV hatte auch das Hinspiel für sich entschieden (4:3) und baute seine Erfolgsserie in den Bundesliga-Vergleichen der beiden Ortsrivalen aus: In den 14 Derbys gelang St. Pauli erst ein Sieg - und der liegt bereits über 24 Jahre zurück. «Ich bin enttäuscht», stammelte St. Paulis Präsident Reenald Koch, wollte die letzte Hoffnung im nunmehr fast aussichtslosen Kampf um den Verbleib in der Eliteliga aber nicht aufgeben.

Gastgeber St. Pauli hatte in der zwölften Minute die große Chance verpasst, dem Spiel einen anderen Verlauf zu geben. Ausgerechnet Thomas Meggle, der vor dem Duell verbale Giftpfeile gegen den großen Konkurrenten aus dem Volkspark abgeschossen hatte, versagte bei einem von HSV-Mittelfeldspieler Jörg Albertz an Ugur Inceman verschuldeten Foulelfmeter. «Wir werden den HSV in der ganzen Stadt lächerlich machen», hatte Meggle angekündigt und getönt: «wir schlagen den HSV auch auf noch dem Mond.» Sein nicht platziert geschossener Elfmeter wurde eine Beute des starken HSV-Schlussmann Martin Pieckenhagen, der auch im weiteren Spielverlauf großartige Paraden zeigte.

Der HSV demonstrierte höchste Effektivität im Verwerten der Torchancen. Aus fünf Möglichkeiten machten die Gäste im eigenen Stadion vier Tore. Grund zur Freude hatte insbesondere Romeo. Der für 5,65 Millionen Euro verpflichtete Argentinier hatte schon sieben Spiele nicht mehr getroffen. Mit zwei Toren baute er seine Bilanz auf sechs Treffer aus. St. Paulis Widerstand war spätestens nach dem 2:0 durch durch Groth gebrochen. Lediglich Dubravko Kolinger (37.) und Christian Rahn (40.), der in der nächsten Saison beim HSV spielten, hatten noch Möglichkeiten zur Ergebnis-Korrektur, scheiterten aber an Pieckenhagen.

In der zweiten Halbzeit demontierten der HSV die Kiez-Club geradezu. Der Tabellenletzte ergab sich seinem Schicksal und wurde nach allen Regeln der Fußballkunst ausgespielt. Nur die Fans der Braun-Weißen waren noch erstligareif.