Bundesliga 2002/2003, 31. Spieltag, Samstag, 03.05.03 im Cottbuser "Stadion der Freundschaft" bei Hamburger Wetter! Es gab alles. Sonne, Regen und vor allem ziemlich viel Wind.

FC Energie Cottbus - Hamburger SV 0:0 (0:0)

Da habe ich nun nach dem Hannover-Spiel erst mein 2. Auswärtsspiel in der Rückrunde gesehen und bin wieder so gar nicht begeistert. O.k. ich war auch schon wesentlich schlechter drauf nach Spielen, aber das war gestern einfach nicht genug.

Zuerst einmal muß ich aber loswerden, was für eine häßliche Stadt Cottbus in meinen Augen ist. Vor dem Spiel habe ich einen Abstecher gemacht und meinen Vater in Berlin gesucht. Dessen Lebensgefährtin meinte zu mir, daß Cottbus eine sehr schöne Stadt sei. Das ist mir dann aber irgendwie verborgen geblieben bei der Fahrt durch Cottbus´ Straßen. Fast möchte ich sagen, daß ich selten eine so häßliche und eintönige Stadt gesehen habe. Und das größte war für mich und meinen Kumpel Till, daß dort scheinbar bereits Samstag mittags die Bürgersteige hochgeklappt werden. Außer den Menschen, die direkt zu und vom Stadion gingen/kamen, war da praktisch niemand auf der Straße zu sehen. Wirkte irgendwie fast wie in einem schlechtem Film....

Und das Spiel hatte durchaus auch den Touch eines schlechten Films. Ich war wirklich mit der Erwartung hingefahren, daß unsere Jungs heute voller Selbstvertrauen auftreten werden, das so ein „Schlachtfest“ wie unser Spiel gegen Nürnberg einfach geben muss. Außerdem war Cottbus ja vor dem Spiel bereits praktisch abgestiegen, denn wer mochte wir wohl ernsthaft erzählen, daß ein Team bei noch 12 zu vergebenden Punkten auch nur in den kühnsten Träumen glauben kann, dabei 9 Punkte und 20 Tore zum Nicht-Abstiegsplatz aufzuholen. Und das auch nur, wenn die Mannschaften darüber nur noch verlieren. Also absolut unmöglich.

In meinen Träumereien lief der „Film“, daß wir volle Pulle loslegen und dem Gegner möglichst ein frühes Tor einschenken würden. Dann, so mein Traum, würde Cottbus gewiß einbrechen und nicht mehr in der Verfassung sein, das Spiel zu wenden. Tja, vielleicht sollte ich, als kleiner Trainer-Phantast, mich nicht immer so meinen Träumen hingeben.

Die erste Halbzeit war wirklich unbeschreiblich schlecht. Das ist mit Worten kaum zu beschreiben, wie sich beide Mannschaften da in Ungefährlichkeit suhlten. Der HSV dabei irgendwie noch schlimmer als Cottbus, die zumindest teilweise mal etwas gefährlich vor unser Tor kamen. Cottbus hätte in der 1.Halbzeit sogar in Führung gehen können, wenn nicht ein Cottbuser Stürmer recht freistehend direkt auf Pieckenhagen geschossen hätten.

Interessanter war da schon, was der Schiri machte. Nach einem Foul von Hollerbach, gab der Schiri gelb. Allerdings offenbar nicht Hollerbach sondern Ledesma. Das ist MIR allerdings im Stadion nicht aufgefallen, obwohl mein Stehplatznachbar es sogar sagte. Habe ich aber trotzdem nicht so richtig wahrgenommen. Es wurde dann allerdings meiner Wahrnehmung doch wieder zugeführt, als Ledesma wenig später einem Cottbuser in die Beine lief. Der Schiri zückte wieder gelb – und dann rot.....
Ganz tolle Wurst. Da brach natürlich meine kleine HSV-Welt ein wenig zusammen. Zwar gibt es durchaus das Phänomen, daß Mannschaften in Unterzahlen dann „Übermenschliches“ leisten. Aber mein HSV...? Bei unserer Auswärtsschwäche...?

Scheiße, scheiße, scheiße....

Selbst nach Ansicht der TV-Bilder kann ich nicht mal sagen, ob es wohl ein Foul von Ledesma war oder nicht. Zumindest nicht gerade übermäßig geschickt, wenn man zuvor schon gelb gesehen hat. Und das, obwohl er im bisherigen Spielverlauf ganz gut wirkte. 

Zumindest kamen wir mit dem Unentschieden erstmal in die Pause. Da konnte ich mir nun wieder so meine Gedanken machen, ob ich die Bremer Führung gegen Hertha nun eigentlich noch gut finden würde oder nicht... Grundsätzlich ermöglichte das ja, daß der HSV an Hertha rankommt und für die minimale Hoffnung auf Platz 3 also wirklich perfekt. Andererseits – wenn man nun in Unterzahl verlieren würde, hätte man durch einen Sieg der Bremer diese wieder direkt in unserem Nacken beim Kampf um den UEFA-Cup-Platz. Tja, das sind so die Rechenspielchen der Stammtischtrainer ;-)))

In der zweiten Halbzeit sollte dann der Schiri gleich wieder in Erscheinung treten. Und das jedenfalls nicht gerade HSV-freundlich. Bei einem Konter wurde Mahdavikia m.E. ganz klar gefoult im Strafraum. Für mich besteht da von meiner Stehplatzposition aus überhaupt keine Frage, daß es ein Foul war. Der Cottbuser Spieler hat ihn einfach „über den Haufen gelaufen.“ Doch der Schiri gab keinen Elfer. 
Die TV-Bilder waren nicht sehr aufklärend. Da konnte man es einfach nicht so sehen, wie ich von der anderen Seite aus. Über diese Elfer-Szene hätte ich mich noch ewig aufgeregt, wenn wir danach nicht noch so peinlich viele Chancen vergeben hätten...

Das Spiel wurde nun in meinen Augen zumindest minimal besser. Nun ja, wenn ich ehrlich bin, finde ich nicht, daß DAS SPIEL wirklich besser wurde, sondern es gab nun eben einfach mal Chancen für uns. Und genau das will man ja sehen als Fan.

Nach dem nicht gegebenen Elfer stellten sich nun mehrere HSV-Chancen ein. Zeitlich bekomme ich diese wohl nicht mehr in die richtige Reihenfolge. Es waren aber auf jeden Fall so viele hochkarätige Chancen, wie man sie normalerweise nicht in EINEM Auswärtsspiel bekommt.

Zunächst war es eine Hereingabe vom eingewechselten Takahara, die Romeo mit dem langen Bein gerade noch so erreichen konnte und aufs Tor brachte. Leider hielt Lenz den Ball aber toll. Der hätte schon gut drin sein können, aber vielleicht nicht zwangsweise müssen. Romeo konnte ja nur noch gerade so an den Ball kommen und ihn nicht mehr sehr kontrolliert auf´s Tor bringen.

Dann kam allerdings die Chance, über deren klägliches Vergeben, ich mich jetzt noch am meisten ärgere. Der Ball kam quer durch den Strafraum flach zum leicht links stehenden Fukal. Und der konnte sich nun auch vielleicht 12 Metern aussuchen, in welche Ecke er den Ball schießen wollte – und schießt den Ball genau in die Mitte auf den Torwart. Da er überhaupt nicht bewacht war und damit wirklich jegliche Ruhe hätte haben können beim Abschluß, kann ich mich über diese Szene auch jetzt noch grün und blau ärgern. Mann, Fuki, den hättest Du wirklich machen müssen. Scheiße.

Danach hatten wir noch zumindest zwei gute Chancen durch einen Kopfball von Hoogma und einen Freistoß von Barbarez (den aber aufgrund unserer Kopfballstärke lieber vors Tor hätte bringen sollen anstatt selbst aufs kurze Eck zu schießen).

Und dann kam kurz vorm Schluß noch einmal eine absolute Super-Chance. Nach Traumpaß von Barbarez lief Jacobsen allein auf das gegnerische Tor zu. Dabei kamen holten ihn die gegnerischen Verteidiger kurz vorm Strafraum so langsam und LEIDER hatte ich regelrecht das Gefühl, daß der Verteidiger Jacobsen „Angst“ hatte, daß er nun gleich eingeholt würde. Er entschied sich zu einem Schuß, der sein Ziel leider verfehlte.

Sorry, Lars, aber diese Szene hättest Du auch kaum schlechter abschließen können. Da Jacobsen genau mittig auf den Torwart zulief, wäre es eigentlich auch scheißegal gewesen ob ihn die Verteidiger einholen. Noch 1 – 2 Schritte dann wäre er im Strafraum gewesen und hätte den springenden Ball gewiß besser unser Kontrolle gehabt. Überholen hätte ich kein Gegenspieler mehr können vorm Strafraum. Also hätten die Verteidiger ihn zwangsweise entweder gewähren lassen müssen oder sie hätten im Strafraum gegrätscht. Dann wäre die Chance auf einen Elfer sehr hoch gewesen. 

Das war jedenfalls schlecht, aber eben nicht die einzig vergebene gute Chance des Spiels.

Worüber ich mich aber auch so richtig aufregen kann ist, daß Jacobsen überhaupt eingewechselt wurde. Cottbus machte in der 2. Halbzeit wirklich alles andere als unendlichen Druck auf unser Tor – trotz Überzahl. Und im Anbetracht der Zwischenergebnisse aus Dortmund (unenschieden gegen Wolfsburg) und Bremen (Führung gegen Hertha) kann ich mir auch jetzt nur noch an die Stirn fassen und nicht begreifen, wie Jara in der 75. Minute Romeo auswechseln kann und dafür Jacobsen bringt.... Ich fasse das wirklich nicht.

Gerade bei den Spielständen und dem ausbleibenden Sturmlauf der Cottbuser ist es mir ein Rätsel, wie der Trainer durch die Herausnahme eines Stürmers und dem Einwechseln eines Verteidigers die Marschroute ausgeben kann, daß das Ergebnis nun gesichert werden solle. 

Das Romeo ausgewechselt wurde, kann ich schon nachvollziehen, denn wir konterten zu diesem Zeitpunkt eher und dafür ist Romeo ja nun noch weniger zu gebrauchen als zu allem anderen, was ansatzweise mit Fußball-SPIEL zu tun hat. Aber dafür hätte er doch Erik Mejer bringen können oder irgendeinen anderen offensiven, der vielleicht noch auf der Bank war.

Man halte sich nur mal die Tabelle vor Augen und stelle sich vor, wir hätten in Cottbus gewonnen... Wir hätten wirklich noch eine Chance auf den 3. Platz gehabt und bei einer evtl. Niederlage der Schalker heute in Rostock, hätten wir den UEFA-Cup-Platz bereits so gut wie sicher gehabt. Zumindest mit einem schönen Polster.

Und nun heißt es für mich gleich, kleine Stoßgebete gen Fußballgott zu senden, daß die Schalker bloß nicht gewinnen mögen in Rostock. Wenn Schalke in Rostock gewinnen sollte (spielen in ca. 45 Minuten), dann werde ich die Hose richtig kräftig voll haben im Kampf um den UEFA-Cup-Platz.

Das nächste Heimspiel gegen Leverkusen stelle ich mir nämlich nicht sehr einfach vor. Egal, wie Leverkusen gleich spielt – für die wird es am nächsten Wochenende beim Spiel in Hamburg um alles gehen. Ich denke, da werde ich noch so einige Ängste haben vor dem Spiel. Jetzt wird jedenfalls alles sehr eng. Eigentlich war das ja klar, aber wir haben in Cottbus nun mal eine RIESEN-Chance vergeben, uns eine wunderbare Ausgangslage zu verschaffen. So leichtfertig hätten damit m.E. weder Mannschaft noch Trainer umgehen dürfen. 

Achso, ich muß noch einwerfen, daß m.E. auch Cottbus noch kurz vor Schluß einen Elfer hätte bekommen können. Ein Spieler der Lausitzer wurde in unserem Strafraum in die Zange genommen und ich meine dabei gesehen aus der Entfernung von über einer Platzlänge gesehen zu haben, daß ihm einer unserer Verteidiger (ich glaube Ujfalusi) dabei in die Beine gelaufen ist und ihn so zu Fall gebracht hat.

Meine Spielerbewertung:
Pieckenhagen: Selten hat er auswärts so wenig zeigen müssen: Note 3

Fukal: Eine anständige Leistung, aber DIE Chance hätte er machen müssen: Note 3-

Hoogma: ist mir außer bei seiner einen Kopfballchance absolut überhaupt nicht aufgefallen (was ich bei Abwehrspielern allerdings meist eher positiv bewerte): Note 3

Ujfalusi: wurde defensiv auch nicht gerade übermäßig gefordert: Note 3

Hollerbach: tat heute in meinen Augen etwas zu wenig nach vorne: Note 4

Ledesma: bis zu seiner gelb-roten Karte ganz anständig. Aber dabei hat er sich (trotz ungerechtfertigter erster gelber Karte) zumindest nicht sehr geschickt verhalten.: Note 4

Maltritz: anwesend. Ich sehe ich mich einfach nicht in der Lage, ihn zu bewerten. Alle Welt sieht den immer ganz toll und ich sehe ihn meist überhaupt nicht. Wenn das für einen Mittelfeldspieler (sei es auch ein defensiver) schon toll ist ?!?!: Für mich war das jedenfalls: Note 4

Cardoso: Spielte nur in der ersten Halbzeit, in der wirklich gar nichts lief. Ohne ihn hatten wir in der zweiten Halbzeit zumindest Chancen, wobei ich damit nicht sagen möchte, daß wir die nicht auf mit ihm gehabt hätten. Ist jedenfalls nicht in wirklich guter Form: Note 4-

Barbarez: Ebenfalls (zu weit) von Bestform entfernt. Aber zumindest hat er im Spiel immer noch ein paar Geistesblitze und schlägt dann mal einen Traumpaß wie den auf Jacobsen. Trotzdem zu viele einfache Fehler: Note 4

Mahdavikia: konnte sich heute auch nicht sehr oft in Szene setzen, aber bei den wenigen Szenen wurde es stets gefährlich: Note 3

Takahara: spielte in der 2. Halbzeit für Romeo und setzte sich zumindest sehr ein: Note 3-

Romeo: Wie immer: Entweder Tor und dadurch gerechtfertigte Aufstellung oder kein Tor und dank nicht vorhandener fußballerischer Qualitäten damit ein Totalausfall. Heute hat er kein Tor gemacht.... Note 4---

Schiri: Über das ganze Spiel gesehen hatte ich zwar nicht an vielen Entscheidungen etwas auszusetzen, aber er hat den HSV in meinen Augen in einigen wenigen Szenen dann doch spielentscheidend benachteiligt: Note 5

Tabelle des Spieltages

Mailt mir auch Euren Kommentar.
Ich pinne ihn dann hier unten dran und Ihr könnt noch in Jahren lesen, was Euch einstmals bewegte.



 
Sport1: 
TORE  :  -  

GELBE KARTEN  
FC Energie Cottbus:
Faruk Hujdurovic (81.) 

Hamburger SV:
Cristian Raul Ledesma (33.)
Bernd Hollerbach (77.)
Milan Fukal (84.)
Tomas Ujfalusi (91.)
 
PLATZVERWEISE  :
FC Energie Cottbus:-    
Hamburger SV: Karte gelb/rot für Cristian Raul Ledesma (40.)
 
SCHIEDSRICHTER :  Knut Kircher  
ZUSCHAUER :  12,448 
DATUM :  03.05.03   15:30 Uhr 

AUFSTELLUNG 
FC Energie Cottbus: Andre Lenz, Zsolt Löw, Marcel Rozgonyi, Faruk Hujdurovic, Vragel da Silva, Timo Rost, Lars Jungnickel, Moussa Latoundji, Andrzej Kobylanski, Andrzej Juskowiak, Robert Vagner

Hamburger SV: Martin Pieckenhagen, Milan Fukal, Bernd Hollerbach, Tomas Ujfalusi, Nico Jan Hoogma, Marcel Maltritz, Mehdi Mahdavikia, Cristian Raul Ledesma, Rodolfo Esteban Cardoso, Bernardo Romeo, Sergej Barbarez
 
WECHSEL 
FC Energie Cottbus:
Laurentiu-Aurelian Reghecampf für Lars Jungnickel (65.)
Thomas Reichenberger für Andrzej Kobylanski (65.)
Torsten Mattuschka für Robert Vagner (85.)

Hamburger SV:
Naohiro Takahara für Rodolfo Esteban Cardoso (46.)
Lars Jacobsen für Bernardo Romeo (74.)
 

Cottbus nach 0:0 gegen HSV so gut wie abgestiegen  
'Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche' – Che Guevaras Motto mussten sich beide Teams, sowohl Energie Cottbus, als auch der Hamburger SV vor dem Spiel im Stadion der Freundschaft auf die Fahnen schreiben. Cottbus hätte nur mit einem Dreier die Chance auf den Klassenerhalt am Leben halten können. Die Hanseaten kämpften dagegen in der Lausitz gegen die eklatante Auswärtsschwäche (letzter Sieg in der Ferne am 30. November beim 3:2 gegen Leverkusen) und um die wohl allerletzte Chance auf einen Champions-League-Platz.  

Das Ergebnis, das beiden Teams nicht half: 0:0 nach einer schwachen Bundesliga-Partie vor 12.500 Zuschauern.
Während der HSV damit immerhin noch im Rennen um die Uefa-Cup-Plätze Rang fünf behauptete, ist bei den Lausitzern die letzte Hoffnung auf den Klassenerhalt verflogen: neun Punkte Rückstand bei noch drei ausstehenden Spielen und eine miserable Tordifferenz bedeuten: Cottbus ist faktisch abgestiegen, ist designierter 100. Bundesliga-Absteiger.

"Das ist schon traurig"
"Das ist schon traurig, dass man wohl absteigen muss", meinte Cottbus' Keeper Andre Lenz, der unter der Woche seinen Wechsel zum TSV 1860 München bekannt gegeben hatte und somit erstklassig bleibt.
"Es ist traurig, dass wir da unten stehen. Die Fans feiern einen trotz des 0:0. Das ist zwar wunderschön, doch die Situation geht einem ganz schön nahe und man muss fast mit den Tränen kämpfen", sagte Lenz, der mit drei Glanzparaden in der zweiten Hälfte immerhin den einen Punkt festhielt.

Pieckenhagen angefressen
Sein Gegenüber im Kasten des Hamburger SV war nach der Partie und dem achten Gastspiel in Folge ohne Dreier richtig angefressen. "Cottbus hatte nicht eine Torchance. Und wir hatten, obwohl wir ab der 40. Minute in Unterzahl waren, in der zweiten Halbzeit vier hundertprozentige. Da muss dann auch mal einer reingehen. Das muss der Anspruch sein", haderte Martin Pieckenhagen.
Und täglich grüßt das Murmeltier. Wie schon so oft in dieser Saison agierte der Hamburger SV auf einem fremden Platz viel zu passiv, kam gar nicht richtig in die Zweikämpfe. "In den ersten 45 Minuten waren wir gar nicht auf dem Platz. Da habe ich auch keine Erklärungen für. Das ist immer das gleiche bei uns", sagte Pieckenhagen verärgert. Auch Sportchef Ditmar Beiersdorfer wirkte ratlos: "Ich habe keine Erklärung für diese Leistung. Einige gehen möglicherweise nicht an ihre Grenzen."

"Wir waren viel zu faul"
HSV-Trainer Kurt Jara sah das ähnlich: "In den ersten 30 Minuten haben wir gar nichts gezeigt, sind immer nur hinterher gelaufen und waren viel zu faul."
Ansehnlicher wurde es erst in Unterzahl, nachdem Cristian Raul Ledesma wegen wiederholten Foulspiels in der 40. Minute die Gelb-Rote Karte sah. "Mit zehn Mann wurde es überraschenderweise besser. In der zweiten Halbzeit haben wir zwei, drei Riesenchancen gehabt." Doch Milan Fukal, Bernardo Romeo und Lars Jacobsen scheiterten.

"Das 0:0 war symptomatisch"
Cottbus zwar engagiert und aggressiv, doch im Sechzehner war Endstation. Und täglich grüßt das Murmeltier.
"Das 0:0 war symptomatisch für diese Saison. Wir waren in Überzahl und haben das Spiel bis auf ein paar Konter bestimmt. Wir haben wieder nicht das Quäntchen Glück gehabt, oder die Cleverness, mal einen ins Netz zu hauen", fand Lenz.

"Der Wille ist da, das Fleisch ist schwach"
"Wir haben nach vorne wenig Zwingendes zustande gebracht. Im Strafraum fehlte der zündende Funke. Präzise den Abschluss zu finden, ist uns nicht gelungen", haderte Energie-Trainer Eduard Geyer, der zugab: "Der Wille ist zwar da, doch das Fleisch ist schwach. Das war eigentlich nicht das, was wir uns alle erhofft haben."
Verständlich, denn der Abstieg ist nun so gut wie beschlossen. Das musste auch Geyer, zumindest indirekt zugeben. "Im Kopf spukt natürlich die Zweite Liga rum. Diese Nullnummer war ja eigentlich nicht viel wert, wenn man ganz ehrlich ist." Und: "Wir müssen sehen, dass man aus verschiedenen Dingen auch die richtigen Schlüsse zieht", so Geyers Schlusswort. Diese Schlüsse wird man wohl in Liga Zwei zu sehen bekommen...

Fährt der HSV bald gegen die Wand?
Und Jara? Der Hamburger SV blieb auch im achten Gastspiel in Folge ohne Dreier, die Champions League ist zu den Akten gelegt und nun geht es nur noch um einen Uefa-Cup-Platz. Die miserable Auswärtsbilanz bleibt jedoch weiter bestehen.
"Vielleicht sage ich unserem Busfahrer vor dem nächsten Auswärtsspiel, dass er gegen eine Mauer fahren soll, damit wir endlich mal wach werden", verriet Jara eine neue Erfolgsformel. Und Pieckenhagen meinte trocken: "Vielleicht können wir es ja mal wieder schaffen. Ein Spiel Zeit haben wir ja noch."

'Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche'...
 

Fakten:
Drittes Remis in Folge
Cottbus ist jetzt seit neun Spielen ohne Sieg und hat neun Punkte Abstand zu Rang 15 – faktisch der Abstieg. 

Zu viele Unentschieden
Der HSV wartet dank der meisten Remis auf fremden Plätzen (sieben) weiter auf seinen ersten Auswärtssieg 2003 und muss um Rang fünf bangen. 

Premiere für Ledesma
Christian Raul Ledesma (super11-Note 4,2) sah seinen ersten Platzverweis. 

Debüt am Rande
Torsten Mattuschka spielte erstmals in der Bundesliga. 

Schlaglichter:
HSV mit Schlussoffensive
Abwarten und am Ende zuschlagen hieß die Hamburger Devise nach dem Platzverweis vor der Pause. Fünf der letzten sechs Torschüsse gab ein Hamburger ab, einige hochkarätige Chancen wurden am Ende vergeben. 

Romeo fast unsichtbar
Nur ein Mal ließ Bernardo Romeo (super11-Note 4,1) seine Torgefährlichkeit aufblitzen, scheiterte jedoch an Lenz. Ansonsten Tristesse pur beim Argentinier: lediglich ein Torschuss, keine Torschussvorlage, die wenigsten Ballkontakte (14) und ganze 11 Prozent gewonnene Zweikämpfe. 

Löw bissig
Zsolt Löw (super11-Note 8,1) spielte wieder als linker Verteidiger und nahm sich Topvorbereiter Mehdi Mahdavikia an. Der war nur selten an gefährlichen Situationen beteiligt, da Löw unter anderem mit starken 79 prozent gewonnenen Zweikämpfen (Bestwert aller Spieler) seine Außenbahn im Griff hatte. 

Lenz hielt erstklassig
Kurz nach seiner Vertragsunterschrift bei 1860 München für die nächste Saison, die ihm die Erstklassigkeit bescherte, zeigte Andre Lenz (super11-Note 8) warum. Erstmals seit dem 22. Spieltag (1:0 in Bremen) blieb Cottbus wieder ohne Gegentor. 

Topspieler: Andre Lenz (Energie Cottbus)
Obwohl unter der Woche sein Wechsel zum TSV 1860 München bekannt wurde und einige in der Lausitz befürchteten, Lenz wäre mit seinen Gedanken bereits woanders, bewies der Keeper, dass er bis zum letzten Spiel ein sicherer Rückhalt bei seinem "Noch-Klub" ist. Gegen den Hamburger SV parierte er alles, was auf seinen Kasten kam. Lenz wehrte drei Torschüsse ab, einen davon mit Glanzparade. In der Drangphase der Gäste im zweiten Durchgang behielt Lenz den Überblick, strahlte Ruhe aus und sicherte den Punkt. Dass das wohl zu wenig war und die Chancen auf den Klassenerhalt nur noch theoretischer Natur sind, ist der Wermutstropfen. Lenz' Super11-Note: 8.  

Spielwertung: 2 Bälle (von 4)

Kommentar:
Alles wie immer beim Hamburger SV, wenn er auf Reisen geht: Wieder kein Dreier. Auch beim designierten Absteiger Cottbus war die Elf von Kurt Jara nicht in der Lage, dreifach zu punkten. So hat der HSV einfach nichts in der Champions League zu suchen. Zumindest müssen dies jetzt auch diejenigen einsehen, die immer noch davon geträumt haben. Und das trotz des vermeintlich leichten Restprogramms der Uefa-Cup-Platz ein Selbstgänger ist, darf auch keiner glauben. Für Energie heißt es dagegen nach dem dritten Jahr Bundesliga ab der nächsten Saison praktisch sicher: Neuanfang in der Zweiten Liga.
Andre Elsner  

 
Taktik
Energie Cottbus:
Vor Lenz im Tor eine Viererkette in der Abwehr: Löw, Hujdurovic, da Silva, Rozgonyi (von links). Davor sicherten Latoundji (halblinks) und Rost (halbrechts) ab. Kobylanski kurbelte im Mittelfeld über links an, Jungnickel über rechts. Im Sturm liefen Juskowiak und Vagner auf.

Hamburger SV:
Pieckenhagen im Kasten des HSV. Davor Hollerbach, Hoogma, Ujfalusi und Fukal (von links). Im zentralen defensiven Mittelfeld sicherten Ledesma und Maltritz ab. Cardoso besetzte das zentrale offensive Mittelfeld. Als Sturmspitze zentral Romeo, flankiert von Barbarez von links und Mahdavikia auf rechts.   


 
kicker:

Spielbericht 
  
Nach dem 2:2 auf der Bielefelder Alm veränderte Energie-Coach Eduard Geyer sein Team auf zwei Position: Für Berhalter und Gebhardt liefen Kobylanski und Vagner von Beginn an auf. Für HSV-Trainer Kurt Jara gab es nach dem klaren 4:0-Heimsieg gegen Nürnberg keinen Anlass seine Anfangsformation zu ändern.

Während es für die Lausitzer - trotz theoretischer Nichtabstiegschancen - nur noch darum ging, sich vor eigenem Publikum mit Anstand aus dem Oberhaus zu verabschieden, stand für die Gäste aus Hamburg mehr auf dem Spiel. Um sich weiter Hoffnung auf das internationale Geschäft zu machen, musste ein Sieg her, und damit die Auswärtsschwäche (12 Punkte aus 15 Spielen!) endlich überwunden werden.

Die Cottbuser gingen kämpferisch in die Partie. Sie suchten die Zweikämpfen und gewannen sie der Regel auch. Der HSV dagegen agierte ängstlich, vor allem im Spiel nach vorne kam von der Kreativabteilung um Cardoso einfach zu wenig. Da aber auch die Lausitzer sich kaum Torchancen erarbeiten konnte, sahen die Zuschauer im Stadion der Freundschaft weinig Erbauliches, vor allem Höhepunkte vor den Toren blieben Mangelware. Die unnötige Gelb-Rote Karte für den Argentinier Ledesma passte zum Auftreten des HSV in der ersten Hälfte, der seinen Ansprüchen kaum gerecht wurde.

Für den enttäuschenden Cardoso schickte Kurt Jara zu Beginn der zweiten Hälfte den Japaner Takahara aufs Feld. Doch am Spielverlauf änderte sich zunächst wenig. Energie bekam durch die zahlenmäßige Überlegenheit das Spiel zwar besser in den Griff, konnte sich aber keine wirkliche Tormöglichkeit erarbeiten. Der HSV dagegen blieb trotz Unterzahl bei Kontern gefährlich: In der 55. Minute flankte Takahara von links auf Romeo, der nur noch Torhüter Lenz vor sich hatte. Aber der Argentinier konnte seine Direktabnahme nicht im Netz unterbringen. Auch Fukal konnte mit seinem unplazierten Schuss Torhüter Lenz nicht überwinden (77.). 

Der HSV kam in einem mäßigen Spiel gegen die so gut wie abgestiegenen Cottbuser über ein torloses Remis nicht hinaus. Gegen harmlose Lausitzer versäumten es die Hamburger in Unterzahl, die wenigen Konterchancen zu nutzen.
 

Spielereignisse im Detail :

Schlusspfiff 
 
90     Der HSV kontert. Jacobsen verfehlt das Ziel nur knapp. 
 
87     Hoogma köpft nach einer Ecke von Mahdavikia knapp über das Tor. 
 
83     Barbarez versucht bei einem Freistoß aus spitzem Winkel Lenz mit einem Schlenzer zu überlisten. Doch das Leder zappelt lediglich im Außennetz. 
 
77     Mahdavikia legt für Fukal auf. Aber Lenz kann den etwas unplazierten Schuss des Tschechen parieren. 
 
71     Nach einer Ecke kommt Vagner im Strafraum an den Ball. Sein Drehschuss wird aber von einem Hamburger abgeblockt. 
 
55     Wieder der HSV: Takahara flankt von links auf Romeo. Doch Lenz kann mit einer guten Parade halten. 
 
54     Umstrittene Situation: Mahdavikia, bedrängt von Vagner, strebt allein in Richtung Tor. Der Iraner fällt - doch der Pfiff bleibt aus. 
 
48     Erste Offensivbemühung von Energie. Latoundji zieht aus etwa 20 Metern ab, verfehlt das Gehäuse aber knapp. 
 
 Anpfiff 2. Halbzeit 
 
 Halbzeit 
 
43     Vagner zieht aus halblinker Position ab, doch das Leder streicht knapp über die Latte des Hamburger Gehäuses. 
 
38     Nach einem schnellen Cottbuser Vorstoß bleibt der Schussversuch von Jungnickel in der Hamburger Abwehr hängen. 
 
36     Nach einem Cottbuser Fehler kann Ledesma auf Cardoso passen. Aber der Schuss des Argentiniers verfehlt das Tor klar. 
 
32     Auch Fukal versucht es aus der Distanz - auch weit über das Tor. Immerhin der 1. Toschuss der Hamburger. 
 
30     Jungnickel aus der Distanz - weit über das Tor. 
 
27     Weiter ein verbissenes Spiel - leider auch weiter keine Tormöglichkeiten. 
 
17     Erster erwähnenswerter Vorstoß des HSV. Barbarez flankt von links, Mahdavikia steigt hoch - Freistoß Cottbus. 
 
7     Kämpferischer Beginn, aber noch ohne wirklich gefährliche Strafraumszenen. 
Anpfiff 


 
dpa meldet:
HSV verschläft beim 0:0 in Cottbus Riesenchance

Von Jens Mende, dpa

Cottbus (dpa) - Der Hamburger SV hat einmal mehr die Riesenchance verschlafen, im Bundesliga-Endspurt vielleicht noch nach den süßesten Trauben greifen zu können. Auch beim praktisch als Absteiger feststehenden FC Energie Cottbus ließen die Norddeutschen zwei Punkte liegen, die Auswärtsschwäche treibt Trainer Kurt Jara zur Verzweiflung. 

«Ich mache mir die ganze Zeit Gedanken, wie ich die Mannschaft schon vor dem Spiel wecken kann. Vielleicht sage ich dem Bus-Chauffeur, er muss jetzt mal vor einem Auswärtsspiel gegen eine Mauer fahren», meinte der Österreicher. Erst ein Platzverweis für Christian Ledesma (40.) weckte die Gäste, doch einen Sieg brachten sie auf fremdem Geläuf wieder nicht zu Stande.

«Wir müssen hier klar gewinnen, ohne Wenn und Aber», ordnete Sergej Barbarez das 0:0 in Cottbus als Rückschlag ein. «Wir hätten uns absetzen und oben festsetzen können», begründete der Bosnier seinen Frust. Mit einem «Dreier», der auswärts zuletzt vor über fünf Monaten gelang, wäre plötzlich sogar noch einmal Rang drei in unmittelbare Sichtweite gerückt. Mit der fünftschlechtesten Auswärts-Ausbeute der Liga aber muss der HSV jetzt sogar um die Teilnahme am UEFA-Cup bangen. «Es wird sich zeigen, ob diese zwei abgegebenen Punkte noch mehr wehtun», kommentierte Jara die Nullnummer.

«Bei uns muss immer erst was passieren, ein Gegentor oder ein Ausschluss, erst dann wachen wir auf», monierte der HSV-Chefcoach. In Cottbus wurde die Gelb-Rote Karte für «Lobo» Ledesma zum «Wachrüttler» (Jara). Schiedsrichter Knut Kircher (Rottenburg) hatte dem Argentinier nach 33 Minuten den gelben Karton unter die Nase gehalten, der eigentlich dem Kollegen Bernd Hollerbach gehört hätte. Nach diesem Irrtum brachte schon die erste «echte» Verwarnung das Aus für Ledesma. Jara flüchtete in Ironie: «Dann hätten wir eben in der 70. Minute Gelb-Rot gekriegt.» Denn da hatte Raubein Hollerbach nochmals gelbwürdig zugeschlagen.

In Unterzahl erarbeiteten sich die geschickt konternden, aber nicht mit letzter Konsequenz agierenden Hamburger zwar vier Chancen von bester Qualität. Doch Bernardo Romeo (55.) scheiterte ebenso am überragenden Cottbuser Torhüter André Lenz wie Milan Fukal (76.). Der eingewechselte Lars Jacobsen schoss in der Schlussminute in guter Position über das Energie-Tor. «Jetzt müssen wir uns wieder auf unsere schönen Heimspiele verlassen», sagte Barbarez mit Blick auf das Duell gegen Leverkusen. Im Hinspiel am 30. November 2002 gelang der letzte Auswärtssieg (3:2).

Auch bei Cottbus-Coach Eduard Geyer fand die 31. Bundesliga-Runde keine Freude: «Vom Resultat haben wir uns gut aus der Affäre gezogen, vom Spiel nicht.» Viel zu viele elementare Fehler bemängelte der 58 Jahre alte Trainer, der erstmals in seiner Karriere absteigt. Zwar steht mit neun Punkten und 20 Toren Rückstand auf das rettende Ufer der Vollzug noch aus, doch Geyer sorgt sich längst um die kommende Zweitliga-Saison.

Kluge Entscheidungen seien gefragt, warnte der Sachse, sonst marschiere Energie direkt durch in die 3. Liga. «Wir haben alle zusammen einige Fehler gemacht», gestand Geyer ein. Der Club habe Spieler verpflichtet, die nicht weiterhelfen konnten. Letztlich aber habe nach drei Bundesliga-Serien das Portemonnaie entschieden: «Es hat sich doch gezeigt, dass Fußball, wenn man ihn in guter Qualität abliefern will, auch viel Geld kostet», betonte Geyer. Und das hat Cottbus einfach nicht.