Fabian "Fabi" Ernst: "Die junge Mannschaft, das neue Stadion. Das hat alles Zukunft!" Berti sucht sie, der HSV hat sie! Gemeint sind die jungen Wilden der Bundesliga, die den gestandenen Profis zeigen, daß sie sich ihrer Führungspositionen auf dem Spielfeld nicht sicher sein sollten. Mit Fabian Ernst (19), der im Sommer von Hannover 96 zum HSV gewechselt ist, steht jetzt ein Youngster in unseren Reihen, dem viele ein wenig mehr zutrauen, allen voran Frank Pagelsdorf: "Fabian ist sicherlich eines der großen Talente, die wir in Deutschland haben! Gerade deshalb wollen wir ihn auch behutsam aufbauen." Vor allem will er es aber vermeiden, daß der Druck auf "Fabi", wie er in Fußballerkreisen heißt, zu groß wird: "Im Moment benötigt er sicherlich noch seine Zeit. Vor allen Dingen braucht er eine komplette Vorbereitung, die hat er in dieser Saison aufgrund von Auswahlspielen bei uns nicht machen können, was sich innerhalb dieser Saison noch bemerkbar machen könnte. Aber ansonsten haben wir in ihm sicherlich einen Spieler, dem die Zukunft gehört!" Und Pagelsdorf über den Menschen Fabian Ernst: "Er ist privat sehr zurückhaltend, sehr bescheiden, auf dem Platz sehr selbstbewußt und sehr dominant!" SN unterhielt sich mit Fabi über seine ersten Wochen beim HSV: SN: Fabian, Du bist jetzt seit Anfang August in Hamburg, fühlst Du Dich wohl in Deiner neuen Heimat, und wie läuft es mit der Mannschaft? Ernst: Bis jetzt kann ich mich nicht beklagen, es läuft alles optimal. Ich habe eine schöne Wohnung in der Nähe des Trainingsgeländes gefunden. Und auch innerhalb des Teams gibt es keinerlei Probleme. SN: In Hannover hast Du normalerweise Libero gespielt. Jetzt spielt hier mit Thomas Gravesen ein ebenfalls sehr junger Spieler auf dieser Position. Ist es für Dich ein Ziel, auch beim HSV letzter Mann zu spielen, oder vertrittst Du die Philosophie "Ich spiele dort, wo mich der Trainer hinstellt"? Ernst: Mir ist es eigentlich ziemlich egal wo ich spiele, Hauptsache ich bringe gute Leistungen und bis jetzt habe ich mich im Mittelfeld ziemlich wohl gefühlt. Das macht auch Spaß, und ich denke, das sieht man auch! SN: Die Presse war nach dem Bochum-Spiel voll des Lobes. Erstes Heimspiel, erstes Mal von Beginn an auf dem Platz. Ernst: Ja, aber letzten Endes habe ich jetzt erst ein Spiel gemacht, und jetzt einen Spieler so hoch zu loben, ich weiß nicht! Ein Spiel sagt noch nicht so viel aus, über die Dauer muß man gute Leistungen bringen! SN: Es gibt auch in Hamburg keine Stammplatzgarantie. Frank Pagelsdorf spricht von behutsam aufbauen und langsam heranführen. Was traust Du Dir dieses Jahr noch zu? Ernst: Wir haben auch schon in Hannover zwei Jahre voll unter Profibedingungen gearbeitet. Da hatte ich eigentlich sogar noch mehr Spiele als andere und habe auch keine Probleme gehabt. SN: Heißt das, wenn Du die Chance siehst, einen Stammplatz zu bekommen, daß Du ihn dann auch beim Trainer einforderst? Ernst: Ja, aber nicht mit dem Mund, sondern durch meine Leistung! Jeder aus dem Kader will einen Stammplatz haben, würde er den nicht wollen, wäre er wohl fehl am Platz! SN: Das sportliche Ziel laut Pagelsdorf heißt neunter Platz. Wie siehst Du das, riskierst Du vielleicht auch einmal einen Blick nach oben, ob nicht auch mehr drin ist? Ernst: Wenn es gut läuft, ist alles möglich, dann ist mit ein bißchen Glück ist auch mehr drin. Andererseits muß man aufpassen: Mit etwas Pech kann viel passieren! Aber normalerweise ist ein Mittelfeldplatz durchaus realistisch. SN: Themawechsel: In Hannover hattet ihr auch eine Laufbahn ums Grün. Der "Volkspark" (Wie sieht es mit einem neuen Namen aus?) ist zwar noch eine Baustelle, aber in groben Zügen kann man schon erkennen, worauf es hinausläuft. Wie hast Du das Stadion "empfunden", ist man in einer reinen Fußballarena noch einen Tick motivierter? Ernst: Ja, von der Stimmung her ist es auf jeden Fall viel besser. Wir Spieler haben einen engeren Kontakt zu den Zuschauern und wir bekommen daher sehr viel mehr von draußen mit. Klar, daß dann auch der Funke viel schneller überspringt. SN: Ist für Dich die Nähe zum Publikum wichtig? Könnten Dir die eigenen Fans, z.B. bei einem Auswärtsspiel, wo 50000 gegen Dich sind, fehlen? Ernst: Nein, das nicht, ganz im Gegenteil, wenn 50000 "buhen", kann einen das ja auch motivieren und heiß machen. SN: In Nürnberg war die Hütte voll, demnächst geht es zu den Bayern. Kribbelt es noch, wenn es gegen eine so große Kulisse geht? Ernst: Nein, das ist nichts besonderes mehr! SN: Denken wir etwas weiter. Seit der WM spricht alles nur noch vom fehlenden Nachwuchs in deutschen Fußball-Landen. Du gehörst jetzt dem U-21-Kader an und bist, nach Aussagen Deines eigenen Trainers, eines der großen Talente in Deutschland. Hat es im Lehrgangsrahmen schon erste Kontakte zum "A-Team" gegeben ? Ernst: Also, jetzt an Berti Vogts zu denken wäre totaler Quatsch! Ich kann das auch gar nicht verstehen, wenn manche Leute das sagen. Ich habe gerade mal ein Bundesligaspiel und noch nicht ein U-21-Spiel gemacht. Wenn es überhaupt einmal ein Thema werden sollte, dann dauert das noch vier oder fünf Jahre. SN: Als der 18jährige Michael Owen bei der WM gestandene Weltklassespieler düpierte, zeigten viele nach England und meinten "Bei denen geht es doch auch"! Ernst: Ich würde mich keinesfalls mit Michael Owen vergleichen, so einen Spieler gibt es vielleicht alle 20 Jahre einmal. Ich denke, so ein Riesentalent bin ich nicht. SN: Das sieht so mancher Medienvertreter ein wenig anders. Ernst: Ja, das stört mich auch ein bißchen, daß ich jetzt von manchen so hochgejubelt werde. SN: Hast Du da auch Angst vor? Enrst: Ja klar! Was ist, wenn die Erwartungen nicht erfüllt werden? Ich denke schon, daß ich immer so spielen kann, wie ich gegen Bochum gespielt habe, aber wenn es halt mal nicht so läuft? Ich würde zwar nicht direkt sagen, daß ich Angst habe, aber was jetzt abläuft, halte ich schon für etwas übertrieben, das bin ich so nicht gewohnt. SN: War das in Hannover nicht so? Ernst: Schon ähnlich, aber da hat nicht jeden Tag einer angerufen und etwas von mir gewollt. Das geht einem mit der Zeit schon auf die Nerven, aber sind eben die Erfahrungen die man sammelt, das hat ja auch nichts mit dem Alter zu tun. Bundesliga ist dann eben doch etwas anderes als Regionalliga. SN: Stand es für Dich schon immer fest, direkt in die erste Liga zu wechseln, wenn es ein Angebot gibt, oder hast Du auch mal daran gedacht, gemeinsam mit Hannover 96 den Weg zu gehen? Ernst: Nein, für mich stand ein Wechsel eigentlich schon ziemlich früh fest. Ich hatte ja die Chance dazubleiben, aber das hätte mich nicht weitergebracht. SN: Und beim HSV siehst Du Zukunftsperspektiven? Ernst: Auf jeden Fall formt mich das mehr, als wenn ich in Hannover geblieben wäre. Es bringt mich einfach weiter. Mal schaun´, was hier in drei Jahren möglich ist. SN: Der Pagelsdorfsche Drei-Jahres-Plan? Ernst: Ja, im Moment paßt alles ziemlich gut zusammen. Die junge Mannschaft, das neue Stadion. Ich denke, das hat alles Zukunft.